Archiv für den Monat: März 2007

Reisen und Essen

Wenn man in den Hinterwald reist und Hinterwalder Eierschecke zu sich nimmt, hat dies natürlich auf einer güldenen Pappe zu geschehen, vor dieser güldenen Kulisse.

Güldene Eierschecke auf güldener Pappe

Wobei, wie man ehrlich und etwas despektierlich bekannt geben muss, die Eierschecke ihrem Nimbus nicht so ganz gerecht wird. Da kriegt man beim Faschingsbäcker in Pägau oder sowieso zu Hause doch noch schmackhaftere Exemplare zu essen, wenn auch nicht auf güldenen Pappen vor historisch nachgestellten Fassaden.

Dann reist man weiter und findet sich plötzlich in einer Art Geschenkeladen wieder, wo unerhörter Nippes die Regale füllt, und man langweilt sich beinahe zu Tode. Ein Mieter des Hauses (etwa 60 Jahre alt, weißer Zopf) steigt durch eine Hintertür in den Laden hinein und berichtet irgendwas. Es wird dadurch noch viel langweiliger, man aufersteht jetzt sogar und wandelt durch die rückseitigen Gemächer, wo eine Anwaltskanzlei untergebracht ist. Aber hallo. Da wartet man eben gleich auf seinen Termin, man versteht nicht, worum es eigentlich geht (wie immer) und tritt die Flucht an durch ein Portal, das in ein riesiges Restaurant führt. Man wunderte sich schon, dass in der Kanzlei alle tranken! Das Restaurant ist ein russisches, selbst die Tische, wo niemand sitzt, sind gastfreundlich gedeckt mit warmen Speisen. Bunte Losungen hängen von den Decken, alles ist sehr feierlich, eine wahre Halle des Volkes, und gut gefüllt. Doch ehe man sich niedersetzt zu den ausgebreiteten Großfamilien, fährt einem ein Kleinwagen über die Füße, gefüllt mit sowjetischen Offizieren. Mindestens Generale! Man zeigt auf den dicksten mit dem Finger, macht „Peng“, und da holt der die Pistole raus und erschießt einen tatsächlich mehrmals und ohne Umschweife. Das Schwein! Weh tuts nicht, obwohl man sich Mühe gibt, man weiß nicht so recht, ob man jetzt sterben soll. Alle rund herum müssen brechen, man will auch mitmachen, aber es geht nicht, man hat ja noch nichts gegessen.

So ist das mit dem Essen und dem Reisen.

Palast offener Medienkultur


Fasziniert und beeindruckt, aber auch beängstigt war ich von diesem Palast offener Medienkultur. Wie es scheint, wurde hier über Generationen hinweg medial vorausgedacht. Mit der Parabolspiegelvorbereitung im Giebel überraschte schon der Architekt – eine an Wahrsagerei grenzende Vorausahnung. Leider hatte er das Haus nicht nach den maßgeblichen Satelliten ausgerichtet, so dass die Schüsseln auf dem Dach montiert werden mussten. Stolz ragen auch die Rudimente terrestrischer Empfangsapparate und deuten auf eine ununterbrochene Medienaktualität des Hauses hin. Last but not least zu erwähnen: Die Blue Box gleich rechts neben dem Eingang. Damit konnten sich die Bewohner des Hauses bereits in den 60er Jahren kostenlos in alle möglichen Netze hacken, sie brauchten nur zu pfeifen (nicht überprüfte Behauptung eines Experten). Heute wäre eine Welt ohne Hacker so unvorstellbar wie ein Netz ohne Maschen oder ein Haus ohne Dach oder eine Schüssel ohne Inhalt.

Grabmalkunst im Wandel der Zeit


Man kann auch im Tode noch mit der Zeit gehen, zumindest, wenn die Nachfolgenden sich immer mal zeitgeistgemäß am Grabmal bethätigen. Das ist schön zumindest für die Betrachter, die weniger trauernd als interessiert über die Kirchhöfe wandeln und ansonsten oft genug mit der stillen Tristesse schwarzpolierter Granitblöcke sich konfrontiert sehen.

Verbotene Frühlingsgefühle?


Dass man hier, wenige Meter vor dem Ortseingangsschild, nicht noch einmal seinen Frühlingsgefühlen freien Lauf lässt und ordentlich aufs Gaspedal tritt, erschien mir schon wegen des hoppeligen Straßenbelages vernünftig und verständlich. Dass man es allerdings aufgrund des Verbotsschildes auch nicht dürfen soll, entwickelte in mir den starken Impuls, es erst recht einmal zu versuchen.

Das häßlichste Schloß von Sachsen


dabei hat der 3. Weltkrieg noch garnicht angefangen!
Irgendwo auf der Hochebene zwischen der Autobahnraststätte Wilsdruff und Cossebaude steht das häßlichste Schloß von Sachsen. Zumindest solange bis mir einer noch häßlichere Feudalbauten nachweisen kann. Unter der Beton-Behelfsbrücke schlängelt sich ein giftiges bläuliches Rinnsal matt dem Tal entgegen, unheimlich krallen sich die leblos scheinenden Äste der Bäume in den grauen Himmel: so stellt man sich im Westen den Sozialismus vor.

Zutritt verboten! mahnt es auf Schildern. Diese mißachtend verschafft sich der verschreckte Wanderer Zutritt. Muß er aber nicht. Es gibt wirklich nichts zu sehen.

Montagmorgen: Sektengründung


Was tun, wenn man DAS GESICHT sieht?
Wenn auch nur in einem Ameisenhaufen: GESICHT ist GESICHT, ob nun auf Toast oder Leinentuch oder im Ameisenhaufen, egal. Also: Wirre Sätze rufen, auf die Knie werfen, Ungläubige beleidigen, Arme nach oben, irgendwas prophezeien (Klima?), durch Pfützen gehen, Geld verschenken (Aktien?), Brot zerbrechen, Sekte gründen. Genug für eine Woche.

Haarschneiderei


Was viele wissen: dass es Frisöre gibt. Früher hieß das ja mal „Friseur“, was kaum noch einer weiß. Was wenige wissen: Es gibt ein Leben „nach“ dem Frisör. Für die Haare, meine ich. Die können dann Groß und Klein (siehe rechts) für ein geringes Entgeld, ähnlich dem Flaschenpfand, zur Haarschneiderei bringen. Und was fast gar keiner weiß: Dort werden dann die berühmten Nadelstreifenanzüge, die ja früher auch Haarnadelstreifenanzüge hießen, geschneidert. So ist das.

Sieges-Wodka


Bald ist wieder Lipsigrader Buchmesse, und der liebe Messgast kommt mit einer Flasche belorussischen Sieges-Wodkas (schmackhaft und bekömmlich). Mit diesem Getränk im Leib kann man sogar die alljährlich präsentierten inflationären Hervorbringungen des Druckwesens – ohne Schaden an Seele und Gemüth zu nehmen – an sich vorbeirauschen lassen wie den Fluß der Weisheit, der irgendwo am Horizont ins Nirvana fällt, statt in die mit Lehm gefüllten Hirne des Publikums eindringen zu können.

Rind vor tropischen Inseln


Im Vordergrund steht das Rindvieh!
Im Hintergrund rechts sieht man die tropischen Inseln (engl: „tropical islands“), die dem Rind hier sozusagen die exotische Würze geben, während dazu sonst handgemahlener Pfeffer, raffiniertes Meersalz oder einheimischer Meerettich dienen. Möglicherweise müssen wir uns auch mit dem Gedanken anfreunden, noch mehr tropischen Inseln Asyl zu gewähren, wegen dieser Klimasache, von der jetzt alle reden. Die hat ja angeblich – unter anderem – mit den Abgasen der Rindviecher zu tun. Und schon schließt sich der Kreis.

Man darf zu den Inseln übrigens auch „Luftschiffhalle“ sagen, ohne bei den Einheimischen mundöffnende Verwunderung zu ernten, denn sie sind angeblich aus einem alten Luftschiff gebaut worden, wenn ich das richtig in Erinnerung habe.