Vom Finanzamt

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Der Briefkasten – Last und Lust seines Besitzers

Der kleine Herr Schönleben wurde anlässlich eines Besuches bei seiner Freundin auf das Kanapee gebeten, um fernzusehen. Still und aufmerksam ließ er den unglaublichen Murks, den sie euphorisch konsumierte, über sich ergehen und vergaß sofort, was er eben geschaut hatte. Nur eine beim fortwährenden Umschalten aufgeschnappte Warnung vor dem harten Durchgreifen des Finanzamtes gegen Steuerbetrüger, die die Freundin mit einem verächtlichen Ausstoßen von Luft kommentierte, blieb schließlich in seiner Erinnerung.

Von da an hegte der kleine Herr Schönleben eine beträchtliche Furcht vor dem Wirken des Finanzamtes. Täglich mehrmals lief er zum Briefkasten, um zu sehen, ob die Behörde es mittlerweile auch auf ihn abgesehen hätte. Erst nach mehreren Wochen wurden die Befürchtungen eines staatlichen Zugriffs auf seine Ersparnisse, von denen er nicht mehr wusste, wie er an sie gelangt war, überdeckt von den sonstigen Zumutungen seines Alltags. Schließlich vergaß er auch noch, solange dieser nicht überquoll, wo sich sein Briefkasten befand, und das waren einige der schönsten Tage seines Lebens.