Really Great Audience

Es ist eine kleine Tragödie, wenn man sich weder Namen noch Melodien noch Passwörter und PINs merken kann und dann nicht mal die Mailadresse vom Bankberater zusammenkriegt, damit der eine neue ec-Karte schickt.

Missverstandene Moderne, dem Vergessen anheimgefallen

Noch blöder ist nur, dass man die wirklich peinlichen Erlebnisse seines Lebens nicht vergisst. So zum Beispiel, als der Autor nach dem Konzert eines amerikanischen Sängers (wie war nochmal der Name?) sich die CD signieren ließ und irgendwas nettes sagen wollte, dankbar für die schöne Musik und die wirklich gute Kapelle. Hilflos nach englischen Worten fischend, verstieg er sich zu der Aussage „A really great audience, thank you“, worauf der Künstler ihn sichtlich geschockt mit offenem Mund ansah und nichts zu erwidern wusste.

Nämlich ist ja Audience beileibe nicht die Phrase für Auftritt oder – klar doch – Show, sondern für das Publikum, das allerdings im vorliegenden Fall nicht nur peinlich dünn gesät war sondern auch mit wenigen Ausnahmen (ich und du) vollkommen dämlich und verhunzt und abartig sich gebärdete. Oder wie soll man das nennen, wenn sich Menschen nur deshalb in ein Konzert begeben, um pausenlos ihre gerade erworbenen Digischnappen auszuprobieren, als würden sie dem Hinterwalder Dorfdeppenfotoklub angehören?

Jedenfalls hat der mit Vorverkaufskarte aus der Metropole angereiste Autor und Musikfreund mit dieser unpassenden Äußerung sicher das Fass im Künstler zum Überlaufen gebracht, so dass der Prophet wohl nie nie nie wieder nach Hinterwald kommen wird. Schade eigentlich.