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Längliches Gedicht über die Wahrheit

Du erliegst dem edlen Wahn, den
Wahren Dingen nachtzufahnden.
Streitest, suchst und gräbst und wühlst,
Bis du dich am Ziele fühlst:
Wie es is, weißt du gewiss,
Weil es, wie du weißt, so is.

Doch der trübe Zweifel frisst,
Wenn du endlich ehrlich bist:
Ist die Wahrheit erst gefunden,
Währt sie auch nur ein paar Stunden,
Fällt vom Takt im schnellen Trab,
Schafft sich schließlich selber ab.

Müßig ist es, Recht zu haben,
An der Wahrheit sich zu laben.
Eitel Tun:
Wie ein Huhn
Auf das Körnchen sich zu werfen,
Während sie das Beil schon schärfen.

Suche Spuren des Reellen
In den Klumpen deiner Zellen,
Tief versteckt,
Unaufgeweckt,
Zwischen diesem Trieb, zu leben,
und dem, alles dranzugeben.

Was das denn nun meinen soll?
Was weiß ich. Das Blatt ist voll.

Franzpaul Simkert, der Moderne Weise

Franzpaul Simkert beim Nachdenken (Symbolfoto)

Franzpaul Simkert beim Nachdenken (Symbolfoto)

Letzte Nacht träumte ich von Franzpaul Simkert (Name geändert), dem bekannten Modernen Weisen. Das heißt, mir war er keinesfalls bekannt, genauso wie mir zum Beispiel die allseits bekannten Größen des Nachmittagsfernsehens (Richterinnen, Köche, Adelsreporter, Busenwunder) kein Begriff sind. Vielleicht gibt es sie, aber wenn jemand sich im Rahmen eines Gespräches wie selbstverständlich auf den Schuldeneintreiber XY aus dem Fernsehen bezieht und ich ihn verständnislos anglotze, glotzt er mich verständnislos an.

Genauso ging es mir bis letzte Nacht mit Franzpaul Simkert. Franzpaul wer? Keine Ahnung.

Seit letzter Nacht aber kenne ich ihn, wie ihn alle anderen auch kennen, eine uneingeschränkte Autorität, von niemandem in Frage gestellt, weil er der allererste war, der über mehrere Tage hinweg einen dreistündigen Pornofilm aus dem noch ganz frischen Internet auf den Firmenrechner runtergeladen und zusammen mit den KollegInnen angesehen hatte. Seitdem hat das Wort von Franzpaul Simkert unangreifbares Gewicht in der Welt des Internetwissens.

So hat Franzpaul Simkert zum Beispiel errechnet, dass jeder Internetbenutzer im Durchschnitt 192.876,45 Worte aufwendet, um im Internet seinen Standpunkt gegen andere durchzusetzen. Eine Wahrheit, der niemand zu widersprechen wagt, denn sie wurde dargelegt von Franzpaul Simkert und traumhaft übermittelt in der letzten Nacht an mich.

Schon während der Verkündung der nächsten Wahrheit aber erwachte ich schnöde. Sofort sah ich im Internet nach, was Franzpaul Simkert noch so an gültigen Erkenntnissen, Wahrheiten, Theorien, Überraschungen bereithält. Und siehe: Nichts. Franzpaul Simkert ist dem Internet unbekannt.

Erschüttert fiel ich ins Bett und schwänzte den Tag.