Stabile Mauer
hinter krallenden Ästen
Schutzwall wogegen?
Kategorie-Archiv: Lipsigorod is my town
Notwendiges Verlassen der Wohnung
Setz dich, Alter. Kurze Pause.
Willste heiße Apfelbrause
schön mit Calvados versetzt?
Jetzt?
Ach der Ausblick! Formidabel!
Schnell die Tasse an den Schnabel.
Ausgehradius verletzt?
Fetzt.
MS Leselust im Heimathafen
Ein Beitrag der Lipsigrad Jugendredaktion im Bemühen um würzige Kürze und Barrierearmut.
Glück
Mach ne Rolle
auf der Scholle:
Alles meine!
Ja. Auch deine.
Kochste Tee?
Kopf tut weh.
Danke dir.
Hark mal hier.
Grab mal dort.
Feiner Ort.
Längst noch nicht
Ende Schicht.
Grund verpflichtet,
und vernichtet
eben Zeit.
Suchst du Streit?
Alles fein
Lieschen klein,
Küsschen hier,
kleines Bier,
großer Schnaps.
Bloß kein Raps!
Busch und Liebe
treiben Triebe.
Mysterien der Metropole
Im Architekturbureau
Ufftrach? Weeßte:
Copy-Paste.
Dit jeht schnell
und reell
und wird schicke.
Nich für icke.
Das technikskeptische Haiku zum Samstag
Nur im Kopf haben
wir Menschlein Antennen für
das eine Wölkchen
Die Glocke
In einem früheren Leben war ich Baumeister. Als solcher befehligte ich nicht nur ein Heer von stets betrunkenen, aber exzellenten Maurern, Zimmerleuten und Hilfsarbeitern, sondern verantwortete auch Architektur, Statik und den gewöhnlich hoffnungslos überbordenden Zierat der Gebäude.
Eines verdorbenen Tages nahm ich eine Einladung des Probstes der Gemeinde vom Heiligen Dingsbums an, der mir eröffnete, die größte, schönste, höchste Kirche des gesamten Bistums mit meiner Hilfe errichten zu wollen. Unter dem Einfluss von Rauschmitteln und Alkohol besiegelten wir das Geschäft per Handschlag zum Festpreis, und erst am nächsten Morgen wurde mir klar, dass ich schon vor dem Aufsetzen des Daches bankrott sein würde, wenn ich nicht sämtliche Materialien billig aus Siebenbürgen und die Steinmetze aus Indien heranschaffen ließe, was dann auch geschah und mir den Hals rettete.
Beim prunkhaften Eröffnungsgottesdienst, dem ich intellektuell nicht zu folgen in der Lage war, fiel mir eine Glocke auf den Kopf, die der Subsub nicht ordnungsgemäß angebracht hatte, und ich kam in den Himmel.
Das zurückhaltende Haiku zum Sonnabend
Hinter Stachelwerz
Kletterschlong und Nadelgurcht
ist gut Geldzählen
Das visionäre Haiku zum Sonnabend
Hinter dem Garten
ragt die Moderne im Licht
der Atombirnen
Beinahe unkorrekt
Was wär heute ein Gebäude
ohne Lampen, die hübsch glimmen?
Stuck und Glanz und Rost und Räude,
je nachdem wie wir es trimmen.
Also solltest du die Birne
immer schön lang brennen lassen
und im Licht die holde Dirne
zärtlich um die Schultern fassen.
Dirne meint hier: deine Gute,
nicht wie manche übel denken.
Zieht sie bei dem Wort ne Schnute,
lass dir einen Duden schenken.
Das Gefährder-Haiku zum Samstag
Wüstes Geschlinge
hebt das Auge vom Boden
und lässt uns stürzen
Bald
Bald ist wieder Sommer,
und im Sommer kommer
endlich mal vorbei,
gern auch oben frei.
Das architektonische Haiku zum Samstag
Bau-Kunst ruiniert
mit verzweifelter Pose
das stille Elend
Nice
Stimmt.
Das Kompensations-Haiku zum Sonnabend
Lob der Nachbarschaft
Nur eine kleine Strecke
zur schönsten runden Ecke
der Stadt.
Du nimmst ne Zigarette,
wir husten um die Wette.
Es hat
so lang nun schon gedauert,
wir sind im Haus versauert
beinah.
Ich ende meine Schritte.
Du bist, so ist die Sitte,
gleich da.
Schnell eine Runde Schmusen,
dann küssen uns die Musen
aufs Haupt.
Und weils heut grad so scheen is,
is jedem noch ein Kleenis
erlaupt.
Wohlsein!
Licht und Schatten
Gut gesagt, gern gesagt
Nie hätte ich je gedacht, dass ich einmal das Poltern von Rollkoffern auf dem Gehsteig zu nachtschlafener Zeit vermissen würde.