Archiv für den Monat: Januar 2015

Wie ich mal mit einem Ausländer mitgefahren bin

Für Bewohner abgelegener Weltgegenden (zum Beispiel Hinterwalds) dürfte es schlicht unvorstellbar sein, aber ich habe es getan: Einst bin ich mit einem komplett ausländischen Menschen in einem komplett ausländischen Fahrzeug durch Lipsigrad gefahren, ohne recht zu wissen, wohin. Und das kam so.

Ich betätigte mich als Flaneur, viel Zeit, kein Ziel. Da hielt dieses Fahrzeug neben mir und der Fahrer schwallte verzweifelt in einer mir völlig unbekannten Sprache (ausländisch!) auf die Passanten ein. Die Passanten wandten sich beschämt ab, nur ich trat neugierig näher. Er wollte wohl zu einem Hotel in einer Straße (beide habe ich vergessen, und beide kannte ich auch damals nicht wirklich), wedelte mit einem Autoatlas herum, in dem meine große Stadt (Lipsigrad) nicht größer als ein Daumennagel war, und ich schien seine einzige Rettung zu sein, bevor man ihn wegen irgendetwas einlochte (zum Beispiel wegen Ausländischsein).

Ausländisch
Wieder eine dieser komplett ausländischen Sprachen!

Ich stieg also einfach in den Lastwagen, überall lagen Mitbringsel aus dem ausländischen Herkunftsort des Fahrers, wir plapperten in unseren jeweils inkompatiblen Sprachen, wobei ich mich bemühte, mit eigenen ausländischen Brocken eine gewisse Verständigung herzustellen, es misslang kläglich. Wir schüttelten die Köpfe, ich zeigte hierhin und dorthin, rechts und links und gradeaus und genoss die rumpelnde Stadtrundfahrt in dem seltsamen Lastwagen, der wahrscheinlich randvoll mit gefährlichen Produkten beladen war, die explodieren würden, sobald wir umkippten, und er drehte wild wie ein richtiger Ausländer am Lenkrad, ruppte am Schalthebel, fluchte wie ein Einheimischer (nur unverständlich), und irgendwann waren wir da.

Ich stieg aus, war noch am Leben und flanierte weiter.

So einfach geht das. Glaubt in Hinterwald keiner.

Der gruselige Baum

„Hallo“, sagte der gruselige Baum. „Rette mich! Du bist doch bei den Grünen.“

Der gruselige Baum

„Wie kommste denn darauf?“

„Grüne Jacke?“

„Aha. Und wovor soll ich dich retten, gruseliger Baum?“

„Na, vor den anderen, die hier rumstehen, permanent. Wovor denn sonst?“ entgegnete er mit empört zitternden Blättern.

„Ist ja gut“, sagte ich. „Ich hol dann schon mal die Säge.“

Achtung Rüpelradler!

Seit Jahren versucht die Dorfzeitung, die Welt in Rüpelradler und deren meist motorisierte oder flanierende Opfer einzuteilen. Neidlos muss man anerkennen, dass diese Strategie erfolgreich ist. Traut man sich dieser Tage aufs Farad, bemüht sich das halbe Dorf, den Rüpel so schnell wie möglich auf den Poden der Tatsachen zu chleudern.

„Holt die Stöcke!“ hört man sie rufen, die Irren. Lastwagen rasen auf den Rüpel zu, schneiden ihn von links und rechts, Eltern von kreativen Kindern, die diese in die Kreativanstalt an der Torjauer Straße zu verbringen trachten oder dort eben abgeliefert haben, sehen den Rüpel als besondere Gefahr für die Gesellschaft an und versuchen ihn vereint zur Strecke zu bringen, von links und rechts, vorn und hinten.

Fauna-Vertreter
Fauna-Vertreter: Stürzt sich auch gern auf Rüpelradler

Es ist anzunehmen, dass der Rüpelradler aufgrund dieser Maßnahmen mittlerweile beinahe vom Aussterben bedroht sein dürfte. Der Autor überlegt deshalb, eine Onlinepetition zum Schutz des Rüpelradlers (eine lateinische Bezeichnung sollte sich finden) zu starten, aber leider hat der Autor keine Ahnung vom Internetz.

Schade.

Das Versagen des Silikatouristen

Neulich unterwegs teilte mir meine neue Fahrmaschine mit, dass sie wünsche, Kühlmittel zu sich zu nehmen. Nun, warum auch nicht. Befehlsgemäß hielt ich an der Tankstelle und forderte die Herausgabe des Kühlmittels. Die beauftragte Dame befragte mich, ob „rosa oder hellblau?“ Ich kroch in den Kofferraum wegen der Taschenlampe (es war nachtfrostig) und in den Motorraum wegen der Farbe.

„Rosa“, sagte ich, zurückgekehrt, zu der Dame.

„Also ohne Silikat?“ fragte sie.

Ich machte mich auf den Weg, kroch noch einmal in den Motorraum (die Lampe hatte ich wohlweislich noch in der Hand) und marschierte wieder in den Laden.

„Nee“, sagte ich, „da steht drauf mit Silikat.“

„Dann ist es hellblau“, sagte sie.

„Aha“, sagte ich, und kaufte Wasser.

Alte Fahrmaschine
Der alten Fahrmaschine war dieser Rosa-Hellblau-Quatsch scheinbar egal.

Das touchierte Balkongeländer

Als ich letztens nachts ums Einschlafen kämpfte, ertönte ein erhebliches Geräusch, wie wenn ein stattliches Objekt das metallene Balkongeländer touchiert, und das Balkongeländer geriet in hörbare Schwingungen. Man versuche sich das bitte vorzustellen: Das Balkongeländer ist auf der anderen Seite des Hauses angebracht (am Balkon)! Es musste also etwas durchaus erhebliches an das Balkongeländer gestoßen sein, ein Mitbewohner zum Beispiel.

Nun war aber außer mir niemand im Hause anwesend. Ich zerbrach mir den Kopf, ob vielleicht ein Vogel oder ein Gleitschirmflieger die nötige Energie aufzubringen in der Lage wären, bei einem Zusammenstoß mit dem Balkongeländer dieses in derart lautstarke Schwingungen zu versetzen. Allerdings fehlte mir jeglicher Antrieb, den Balkon nach verendeten Flugobjekten abzusuchen, dazu war ich denn doch zu müde.

Mit der Überlegung, demnächst rote Positionslichter am Balkongeländer anbringen zu müssen, schlief ich schließlich ein.

Mein Balkongeländer
Mein Balkongeländer

Im Großraumbureau

„Alle mal herhören!“ rief Dr. Schinken zu Salbei in die Runde, und alle hoben gespannt die Brauen, bis auf Schroll, der schlief.

„Ihr Luschen!“ rief Dr. Schinken zu Salbei nun, und ein zustimmendes Raunen erfüllte das Großraumbureau, Kaffeetassen schlugen aneinander, man prostete sich freudig erregt zu und lobte den Tag.

Nur Schroll hatte mal wieder alles verpasst.

Wohlsein!

Reisekader mit Getränk
Reisekader mit Getränk

Möge für den verehrten Leser im Neuen Jahr das Glas nicht nur „halb voll statt halb leer“, sondern jederzeit gut gefüllt sein!

Praxistip: In Britannien ist es am vollsten.