Archiv für den Tag: 8. Januar 2015

Wie ich mal mit einem Ausländer mitgefahren bin

Für Bewohner abgelegener Weltgegenden (zum Beispiel Hinterwalds) dürfte es schlicht unvorstellbar sein, aber ich habe es getan: Einst bin ich mit einem komplett ausländischen Menschen in einem komplett ausländischen Fahrzeug durch Lipsigrad gefahren, ohne recht zu wissen, wohin. Und das kam so.

Ich betätigte mich als Flaneur, viel Zeit, kein Ziel. Da hielt dieses Fahrzeug neben mir und der Fahrer schwallte verzweifelt in einer mir völlig unbekannten Sprache (ausländisch!) auf die Passanten ein. Die Passanten wandten sich beschämt ab, nur ich trat neugierig näher. Er wollte wohl zu einem Hotel in einer Straße (beide habe ich vergessen, und beide kannte ich auch damals nicht wirklich), wedelte mit einem Autoatlas herum, in dem meine große Stadt (Lipsigrad) nicht größer als ein Daumennagel war, und ich schien seine einzige Rettung zu sein, bevor man ihn wegen irgendetwas einlochte (zum Beispiel wegen Ausländischsein).

Ausländisch
Wieder eine dieser komplett ausländischen Sprachen!

Ich stieg also einfach in den Lastwagen, überall lagen Mitbringsel aus dem ausländischen Herkunftsort des Fahrers, wir plapperten in unseren jeweils inkompatiblen Sprachen, wobei ich mich bemühte, mit eigenen ausländischen Brocken eine gewisse Verständigung herzustellen, es misslang kläglich. Wir schüttelten die Köpfe, ich zeigte hierhin und dorthin, rechts und links und gradeaus und genoss die rumpelnde Stadtrundfahrt in dem seltsamen Lastwagen, der wahrscheinlich randvoll mit gefährlichen Produkten beladen war, die explodieren würden, sobald wir umkippten, und er drehte wild wie ein richtiger Ausländer am Lenkrad, ruppte am Schalthebel, fluchte wie ein Einheimischer (nur unverständlich), und irgendwann waren wir da.

Ich stieg aus, war noch am Leben und flanierte weiter.

So einfach geht das. Glaubt in Hinterwald keiner.