Archiv für den Tag: 19. Oktober 2017

Eilmeldung vom Präsidenten

natur
Natur (Beispielfoto)

Auf die überall mit (schnell vergessen sein werdender) Bestürzung aufgenommene Nachricht, dass der hiesige Bestand an Insekten dramatisch abgenommen hat, reagierte der Präsident oder Chef oder Vorsteher eines Bauernverbandes (eines industrienahen, christlich geprägten Bauernverbandes, der sich der Pflege des agrarischen Schöpfungsprozesses auf „herkömmliche“ Weise verschrieben hat) mit folgenden Feststellungen:

  • Die herkömmliche Landwirtschaft ist für das Insektensterben nicht verantwortlich.
  • Insektengift schadet Insekten nicht. Wenn es oft genug ausgebracht wird, tritt sicher eine gewisse Gewöhnung ein. Außerdem gibt es auch giftige Insekten.
  • Die exzessive Ausweitung der Ackerflächen wird durch Insekten dankbar angenommen, alles ist sehr ordentlich, und die Viecher sehen gleich, wo es nichts zu holen gibt (Nutzpflanzen mit eingebauter Letal-Erfahrung).
  • Insekten brauchen keine verwirrende Flora-Artenvielfalt, das macht sie nur nervös. Genauso wie die Bauern.
  • Das Überfliegen von unnützen, sinnlos plazierten Hochgräsern, Hecken und Baumgruppen strengt Insekten so sehr an, dass sie davon sterben können. Das Zeug muss also weg. Ein schöner, flacher, kilometerlanger Acker wird dankbar überflogen.
  • Vögel fressen Insekten, Bauern nicht.
  • Auch Igel fressen Insekten! Man sollte also erst einmal die Igel beseitigen.
  • Es muss dringend durch diverse mehrjährige Studien bewiesen werden, dass die herkömmliche Landwirtschaft den Insekten angeblich vielleicht schaden könnte, was aber natürlich nicht stimmt.
  • Bis die Studien fertig sind, machen wir alle weiter wie bisher, und danach auch. Irgendwelche blöden Kommentare zu den irrelevanten Studien werden uns schon einfallen.
  • Insekten vorn auf dem Auto sind extrem schädlich für den Lack. Gut, dass es nicht mehr so viele gibt.
  • Ich als Präsident werde im nächsten Jahr beim Rennen um die Goldene Hohlrübe ganz vorn mit dabei sein (obwohl die Zahl der Bewerber von Jahr zu Jahr buchstäblich explodiert) (was man von der Zahl der Insekten nicht behaupten kann) (Smiley vom Präsidenten).

Ural oder Die Geschichte vom Kirschbaum

rossia

„Der Kirschbaum muss raus“, sagte der ältere Herr, „der macht nur Dreck, und ich werde ja nicht jünger, und wer macht denn den Dreck weg, wenn ich keine Lust mehr dazu habe?“

Also ging der ältere Herr zur Maschinen-Traktoren-Station und lieh sich ein passendes Werkzeug aus (Foto), um den Kirschbaum aus der Erde zu rubben, denn das ist die Methode, die am wenigsten Dreck und Arbeit macht, Rausrubben, so stellte sich das der ältere Herr jedenfalls vor, das Ding gleich mit der Winde auf die Ladefläche drauf und irgendwo in die Botanik schmeißen, sollen sich doch die Grünen drum kümmern mit ihrem Fimmel, die haben es ja so mit Bäumen.

Es geschah.

In das Loch vom Kirschbaum kippte der ältere Herr den Inhalt der Restmülltonne (das spart Geld), und er ärgerte sich, dass er nicht noch ein bisschen Restmüll gehortet hatte, denn das Loch wurde längst nicht voll, es war ein stattlicher Kirschbaum gewesen, deshalb auch immer die vielen Stare, die die Kirschen fraßen und alles vollschissen, und der Dreck. So musste er noch die Scheune durchsuchen nach Gelumpe, das er in das Loch schmeißen konnte, es war ein verdorbener Tag, Arbeit und Dreck und Nerverei und der Gedanke an die Grünen, der ihm zusetzte, die sich um seinen Kirschbaum kümmern würden, als könnte der ihn verpetzen bei denen. Stress!

Abends, als endlich der Mähroboter sich an seine neue Tour gewöhnen konnte und nicht mehr immerfort gegen den Kirschbaum stieß, sich aber in den Tiefen seiner künstlichen Intelligenz darüber ärgerte, in Zukunft keine Kirschkerne mehr über den Rasen schnipsen zu können, abends also lag der ältere Herr in seinem Bett, pumpte und japste von den Beschwerlichkeiten und Ärgernissen des Tages, und wir wissen nicht, wie es ihm weiter ergangen ist, denn es interessiert uns nicht, jetzt, da der Kirschbaum weg ist.