Archiv für den Monat: Juni 2018

Überschätzte Orte

muenchen

Heute: München.

Einigen positiven Einschätzungen in den sozialen Medien folgend, begab ich mich nach München. Jedoch, schließlich angekommen, befiel mich keineswegs Euphorie, alles war eher trist und trostlos, und das Wetter veranlasste mich, den traurigen Ort lediglich durch die verschmierte Scheibe meines Kraftfahrzeuges zu betrachten. Kaum eingefahren, hatte ich den Ort schon passiert, und nicht einmal ein Amtszimmer war zu sehen, in dem man ein Kreuz hätte aufhängen können. Ich will den Münchnern und Münchnerinnen keineswegs zu nahe treten, aber ein bisschen überschätzt kommt mir der Laden schon vor. Enttäuscht fuhr ich weiter nach dem in der Nähe befindlichen Oschätzchen, da war zwar auch nicht viel mehr los, aber mir gefiel wenigstens der Name.

Nu, genau

buehne

Heute bleib ich nicht im Bett,
heute ist es schöner draußen.
Wenn ich nichts zu trinken hätt,
würde ich es frech mir maußen.

Läge gar nichts auf dem Grill,
ginge ich zum Bratwurstwender.
Wäre es mir hier zu still,
grölte ich ein Love Me Tender.

Aber alles ist famos,
alle gratulieren ehrlich.
Alle finden mich ganz groß,
niemand wird mir heut gefährlich.

Himmelan das Partyzelt,
tanzend mit der schönsten Frau.
Uns zu Füßen liegt die Welt.
„Ach, Geburtstag?“ — „Nu, genau.“

Der Polizeisprecher äußert sich

ruepelradler

Wieder einmal ist ein unschuldiger Lastkraftwagen durch einen aggressiven Rüpelradler massiv zu Schaden gekommen. Nicht zum ersten Mal in diesem Jahr. Da denkt man, vierzig Tonnen unterm Arsch und das Handy an der Backe, das läuft, nein, so ist es leider nicht immer. Gerade die schwächsten Verkehrsteilnehmer zeigen sich in letzter Zeit extrem rücksichtslos, brutal, rüpelig und aggressiv. Der Polizeisprecher äußert sein äußerstes Unverständnis über diese Situation:

„So geht das nicht weiter. Wir beobachten die Situation aktiv. Aber uns als Polizei sind auch die Hände gebunden, das heißt, wir können leider gar nichts machen. Deshalb appellieren wir ganz klar an die motorisierten Verkehrsteilnehmer, sich im eigenen Interesse eher defensiv zu verhalten. Auch wenn man mal keine Vorfahrt hat oder ganz plötzlich die Ampel auf Rot schaltet, lieber doch langsamer werden, vielleicht sogar stehenbleiben, also nicht auf dem Gas, sondern laut hupen, dumm gucken, mal die Handbremse versuchen, vielleicht sogar anhalten, wenn der andere Vorfahrt hat und es gar nicht anders geht. Mit diesen Rüpelradlern ist wirklich nicht zu spaßen, wie das erschreckende Foto eindrucksvoll belegt.“

Offen bliebe in diesem Zusammenhang, ob gegen Fußgänger und Radfahrer möglicherweise in Richtung der Bildung einer terroristischen Vereinigung ermittelt werden sollte, so der Polizeisprecher weiter.

„Wir sind in dieser Hinsicht alarmiert, schließlich gefährdet jeder abbremsende Lastkraftwagen die Volkswirtschaft und damit unser Staatsgebilde. Und wir dürfen auch die Abertausende Arbeitnehmer nicht vergessen, die in ihren Fahrzeugen aneinandergereiht jeden Tag einmal zum Mond und zurück anstehen, um ihre Arbeitskraft abzuliefern. Das macht uns schon Sorgen“, so der besorgte Polizeisprecher. Lediglich die hauseigene Lethargie verhindere ein schnelles Eingreifen der Exekutive, fügte er hinzu und begab sich zu einem Arbeitsessen mit dem Präsidium des örtlichen Automobilclubs.

Schönheit der Fortbewegung

roland

Rasend geht die Reise
durch des Waldes Schneise,
zwischen Raps und Rüben,
mal von hier nach drüben,
mal nach unten, oben!

Kelle wird gehoben!
Asche in den Bärten
johlen die Gefährten,
heben an zum Preise
dieser Rasereise.

Das Handwerk als Inspiration der Geisteswissenschaften

abgabestation

Karl Gong, der bekannte Intellektuelle, hatte sich einen Vertreter des qualifizierten Installateurwesens ins Haus geholt, denn „es gab da so einiges zu tun“, aber was, konnte er auch auf strenge Nachfrage des Fachmanns hin nicht näher spezifizieren. Hilflos wedelte er mit den Händen mal hier- und mal dorthin, legte eine Obergrenze dafür fest, was „der ganze Salat“ kosten dürfe und verzog sich angstvoll in seine Studierstube, um sich dem trüben Nachdenken über die Welt hinzugeben.

Woher sollte er, Gong, denn wissen, woran es mangelte im wasserdurchspülten Haushalt? Er hatte nur das starke Gefühl, es war mal wieder an der Zeit für Installationen. Musste er sich dann derart impertinente Nachforschungen gefallen lassen? Sie könnten doch einfach mal machen, anfangen, die Handwerksleute, es wird sich schon genug zu tun finden in der „Schweinebude“ (O-Ton Gisella Quarterbeck, 23, Muse)!

Als der Installateur nach Stunden größter Anspannung an Gongs Stubentür klopfte und behauptete, es wäre jetzt alles getan, was zu tun gewesen sei, schob Karl Gong die verlangte Summe, die nur knapp unter der angegebenen Höchstgrenze blieb, in bar unter der Tür durch und wedelte mit der Hand, als könne der Installateur sehen, dass er verscheucht werden sollte, husch-husch.

Nach weiteren zwei Stunden bangen Hockens in der Kammer, schnaufend und zitternd, wagte sich Gong schließlich in den Korridor, als er keine Geräusche mehr vernahm als das beruhigende Gluckern, das der Installateur in der Wohnung hinterlassen hatte.

Freude durchfuhr Gong: Das neu angebrachte Schild in kraftvoller Sprache strahlte Souveränität und Sinn aus, das verlegte Rohr schien robust, und das Ventilrad lud zum beherzten Drehen geradezu ein.

Die nicht unerhebliche Ausgabe hatte sich gelohnt! Beschwingt machte sich Karl Gong an die Neufassung seiner achtzehnbändigen Schnoritzke-Monographie. Würde er diese noch zu Lebzeiten beenden, könnte er noch einmal den begnadeten Installateur kommen lassen.