Archiv für den Tag: 15. September 2019

Das Pferd im Garten

pferd
Pferd im Garten (Symbolbild)

Karl Gong, der sich seit Tagen über das Pferd wunderte, das im Garten stand, im Stehen zu schlafen schien und von Zeit zu Zeit den Kopf zur grundwasserpumpenbefeuchteten Wiese senkte, um ein Hälmchen zu zupfen, näherte sich diesem Pferd von der Seite, denn er hatte als Kind genügend Geschichten gelesen, in denen ein dummer Stadtmensch von hinten an ein landwirtschaftliches Nutztier herangetreten war und von diesem per Hufschlag niedergestreckt und somit auf Distanz gehalten wurde, fuhr vorsichtig seinen Arm aus, um über die weiche Mähne des sehr großen Tieres zu streichen, welches ihn nun mit schläfrigen Augen freundlich musterte und ihm durch die feuchten Nasenlöcher Pferdinnenluft entgegenblies; er fühlte sich auf seltsame Weise aufgehoben in der Natur, auch wenn es sich genaugenommen nur um seinen sehr großen Garten handelte, der tatsächlich mehr Natur zu enthalten schien als die umgebenden riesigen, totgespritzten Äcker der Pachtbauern, und er legte, was er bis vor wenigen Minuten nicht für möglich gehalten hätte, sogar seinen Kopf auf den Rücken des zugänglichen Geschöpfes, allerdings nur bis zu dem Moment, in dem der Ruf der holden Unangetrauten erscholl, er möge sich schleunigst von ihrem Tier entfernen, das durch ihn, den Grobian, sich zum Unreitbaren hin verändern könnte, und stattdessen lieber die filzigen Ecken des Grundstücks in eine schöne, gepfegte Landschaft verwandeln, vor der die Nachbarn und Würdenträger nicht in Abscheu erstarren, sondern voller Anerkennung verweilen würden.

„Ja, ja“, sagte Gong. Das Pferd stob davon.