Das war es mit der Kurbel.
Ganz ohne ein Geschwurbel
nimmt man den Abschied hier.
Und Wehmut kühlt das Bier.
Archiv für den Monat: April 2020
Das unfeministische Sonett aus gegebenem Anlass
Geh ich manchmal ohne
Gelder aus dem Haus,
juckt mich das die Bohne,
macht mir gar nichts aus.
Muss nur einfach meine
Lippen rot bemalen,
brauch ich keine Scheine,
kann mit Lächeln zahlen.
Doch seit ein paar Tagen
häufen sich die Fragen,
wo mein Mundschutz sei.
Kann frau sowas tragen?
Sieh mich zaudern, zagen,
und bring Sekt vorbei.
Von der Ratlosigkeit
Leider asozial
Karl Gong, der das Prinzip Rauchen nie so recht verstanden hatte, denn er war weder bei der Volksmarine noch je im Gesundheitsbereich beschäftigt gewesen, fand das Inhalieren und Ausstoßen von Giftgasen schon allein aufgrund der scheinbar notwendig folgenden Hinterlassenschaften unerfreulich und asozial, vom Zustand der Atemwege in Zeiten, da diese besondere Aufmerksamkeit genießen, ganz abgesehen, und er freute sich an seinem vergleichsweise milden Laster, das lediglich die Garage in Form von Leergutpaletten blockierte; aber dafür hatte er ja das Dach extra um vier Meter anheben lassen, was auch der Holden zugute kam, die somit einen vorzüglichen Ausblick über das Grundstück genießen konnte, das sie mittlerweile permanent Ranch bzw. Farm nannte, sehr zum Unwillen des eher frankophilen Karl Gong.
Bange Frage
Werden all die alten
Felsensteine halten,
bis ich wiederkehre
aus der Quarantäre,
ach Quatsch, Quarantäne?
Oder sind die Zähne
meiner Felsmassive
bald schon morsche, schiefe
Ausfallkandidaten?
Wann kann ich auf Graten
wieder balancieren
und auf allen Vieren
kriechend jammern peinlich?
Nicht vor Herbst, wahrscheinlich.
Das agnostische Haiku zum Samstag
Zeitenwenden
Der Problembär, der in letzter Zeit zuviel Zeitung gelesen und ferngesehen hatte, verbrachte ganze Nachmittage an der Uhr, um sie wahlweise auf fünf vor zwölf, eins vor zwölf oder fünf nach zwölf zu stellen, je nach Aussichtslosigkeit der Situation. Irgendwann aber drang das fordernde Rattern des Kühlschranks in sein Bewusstsein, er ließ die Apokalypse Apokalypse sein und begab sich an den Küchentisch, den gut gekühlten Getränken Gesellschaft zu leisten.
Das schlampig-perpetuierende Sonett
Denke stets auch an die kleinen
Gäste, die Dir anvertraut.
Horch, das Streiten um die feinen
Reste, rasend schrill und laut.
Ist das Futter aufgefressen,
stürzt die ganze Kompanie
über Hecken, Mauern, Essen,
würzt die Gartenkolonie
mit Guano, Kostbarkeit.
Du hast fünf Minuten Zeit,
die Spirale aufzufüllen.
Schnell! Sie sind schon nicht mehr weit,
in der Luft tobt wilder Streit
um die Plätze. Pfeifen. Brüllen.
Der Säufer
Von der Sonne
Programmhinweis
Nach dem Erfolg der regelmäßig versendeten Hitler-Dokumentationen Hitler und seine [Panzer, Flotte, Männer, Frauen, Hunde, Feldzüge, Flugzeuge, Hauptstädte] empfehlen wir heute abend aus gegebenem Anlass die Sondersendung Hitler und seine Atemwege (160 Minuten, gleich nach den Nachrichten); wahrscheinlich haben Sie ja sonst nichts zu tun.
Von der Verhinderung eines Blutbads
Langsame Begebenheit
„Weißt du“, sagte Görke zu Schlott, der in gehöriger Entfernung von ihm die Einnahme eines Getränkes zelebrierte.
„Ja“, sagte Schlott, der einige Minuten ins weite Land gehen ließ, ehe er den Mund öffnete.
Sie hatten sich aufgrund der Ereignisse, beziehungsweise der Nichtereignisse, eine erhebliche Verlangsamung der Gesprächsführung angewöhnt. Im Weiler war seit Wochen nichts vorgefallen, was der Erwähnung wert gesesen wäre. Sie dehnten also die Zeit, um vielleicht doch noch einen Vorfall, eine Idee oder wenigstens eine Irritation in der scheinbar unendlichen Spanne ihres Beisammenseins unterzubringen.
„Der Baumarkt“, sagte Görke, sehr verzögert, und machte ein Gesicht.
Ein Vogel rief klagend. Wahrscheinlich war der 20er Meisenknödelspender leergefressen. Die Sonne schob sich ganz langsam hinter das Hochsilo der LPG.
„Der war immer schön, der Baumarkt“, sagte Schlott.
Die Kreissäge vom Semmler begann zu singen. Er machte jetzt aus den 30er Kaminscheiten je drei 10er. Brennt besser. Leider auch schneller. Die Säge sang sechzehn Strophen, dann holte Görke wieder Luft.
„Hat vlei widder uff“, sagte Görke, und ließ einen sehr ausdrücklichen Zug Helles folgen. Andächtig wartete Schlott, bis sein Freund das umgewandelte Getränk hinter dem überquellenden Komposthaufen abgeschlagen hatte und wieder auf den Plastikstuhl, den er vor Jahren aus der Ostsee gefischt hatte, gesunken war.
„Gloob ick nich“, sagte Schlott, dem sich in Phasen der inneren Aufgewühltheit manchmal Anklänge eines brandenburgischen Zungenschlags zwischen die Zähne mischten.
„Na, dann ni“, beendete Görke das Gespräch nach reiflicher Überlegung.
Die Sonne verschwand hinter dem kaputten Zaun, der von diesem unzähmbaren Efeu, dem Misthund, überwuchert war, und die erste Fledermaus ließ das falsch eingestellte Hörgerät Görkes aufgeregt klackern.
Das undurchsichtige Haiku zum Sonnabend
Das schlampige Sonett von der Momentaufnahme
Auf gehts, raus, in Wind und Gischt.
Heut verstecken wir uns nischt.
Morgen auch nicht, überhaupt
sei ein jeder Tag beraubt
seines Besten: Guter Zeit.
Also schnell und hoch und weit
mit den Beinen, mit dem Kopf.
Löffel in den vollen Topf,
Bier ins Glas und Stein aufs Brett,
Hand ins Gras und Frau ins Bett,
weil der Reim nun mal so geht.
Wir sind frei, die Welt ist fett,
aber leider nie komplett.
Auch egal. Noch nicht zu spät.
Licht und Schatten
Kausalkette
Also lasset die Hoffung nicht fahren dahin
Lob des Phonoautomaten
Verzögerte Wege zur Normalität
Wenn demnächst der Konzert- und Gastspielbetrieb wieder aufgenommen wird, gelten vorerst Einschränkungsverfügungen. Den Bands wird das Mitführen von Sängerinnen und Sängern untersagt, die BedienerInnen von Instrumenten haben sich im Hintergrund zu halten und gegebenenfalls mit dem Rücken zum Publikum zu spielen. Positive Beispiele sind aus der Musikgeschichte hinreichend bekannt und zur Nachahmung empfohlen.