Archiv für den Monat: April 2020

Von den Gründen

Schaltung

Der Problembär, dem im Haushalt nicht nur die Beschaffung und Vertilgung der Getränke oblag, sondern auch die Wartung sämtlicher technischen Geräte, versuchte seit Stunden, mithilfe großmäulig dargebotener Internetvideos die Schaltung des einzig verbliebenen, dreckstrotzenden Haushaltsrades einzustellen, was wie alle Versuche in den Jahren zuvor natürlich nicht gelang, ihm aber die nötige moralische Grundierung verschaffte, den Weissweinkühlschrank in einem langen, zufriedenen Zug zu leeren.

Die verrottete Einhegung

grenze

Karl Gong, dem nach Monaten erschöpfenden Wirkens auf den Pferdebewegungsanlagen seiner Unangetrauten der Sinn nach einem Zipfelchen Erholung stand, begab sich also in die hinterste Ecke des Anwesens, zwei Flaschen Helles in den Tiefen der Hosentaschen vergraben, in den Händen zur Tarnung wegen der scharfsichtigen Augen der Holden eine Schraubzwinge (links) und eine Axt (rechts), die er allerdings nicht zum Aufrichten neuer Gelasse, sondern nur zum Öffnen der beiden bayerischen Trostspender benutzen wollte; Karl Gong also erstarrte im Anblick seiner frühen Werke, die gnadenlos dem Dahinströmen der Zeit ausgesetzt und weitgehend verrottet und unbenutzbar geworden waren, warf sich winselnd auf den Boden, hackte den beiden Bierflaschen die Hälse ab, ließ das schäumende Helle gleichzeitig in den nach oben aufgesperrten Schlund laufen und begann unvermittelt, wuchernde Bäume umzuhauen und mit der Schraubzwinge aneinander zu pressen, bevor er mit den Vierzollnägeln, die ihm hinter den Ohren schon beinahe festgerostet waren, eine neue Einhegung errichtete, von der die Holde mit einem spöttisch verzogenen Mundwinkel und der hingeworfenen Bemerkung „Und das soll halten?“ Notiz nehmen würde.

Das schlampige Sonett von der Liebe über Entfernungen

nachtherz

Mehr muss ich wohl nicht schreiben,
wenn du dies Herz hier siehst.
Es kann nichts offen bleiben,
wenn aus den Lämpchen schießt

der helle Schein der Liebe
auch auf die Langdistanz.
Ich hoffe fest, es bliebe
das Sträuchlein blattlos ganz

das ganze Jahr hinweg
nur zu dem einen Zweck,
uns täglich fernzuglühen

aus stillem Garteneck
bei Elster, Spatz und Schneck:
Elektrisches Bemühen.

Schnatterschnatter (historische Begebenheit)

silo
Sehenswürdigkeit auf dem Weg in die Kreisstadt

Karl Gong, dem von seiner Unangetrauten für einen Abend freigegeben worden war, weil sie ihren für die Hipposecco-Sause eingeladenen Freundinnen seinen jämmerlichen Anblick ersparen wollte, stieg aus dem zerschlissenen und verdreckten Arbeitsoverall, wusch sich in der alten Pferdetränke, die mittlerweile für ihn reserviert war, zog die von der Holden auf die Stalltreppe gelegten Textilien über, die hässlich genug waren, dass er „nicht irgendeine Schlampe abschleppen“ würde und begab sich, mit genau abgezähltem Taschengeld (der Eintritt für „die Hottentottenmusik“ und zwei Münzen für eine kleine Limonade) versehen auf dem rostigen Fahrrad in den kleinen Klub der Kreisstadt, der es einmal im Quartal gegen den erbitterten Widerstand der „konservativen“ Stadtratsfraktionen wagte, sauer verdiente Steuergelder für die Verköstigung einer kleinen Musikkapelle (Honorare wurden schon lange nicht mehr gezahlt) auszugeben, um all diejenigen Bewohner des Landstrichs, deren Ohren noch nicht völlig vom kommerziellen Rundfunk der Fäulnis anheimgegeben waren, mit ein wenig Freude über die saure Zeit des ländlichen Abends zu bringen.

Jedoch, als er so inmitten der zwanzig Aufrechten dem wunderbaren Klang der famosen ausländischen Band lauschte, erreichten immer wieder getuschelte, gewisperte, geschnatterte und in dynamischen Passagen gebrüllte Wortfetzen sein rechtes Ohr, die sich in seinem Kopf zu einer permanenten Kakophonie des Grauens ballten, hervorgerufen nicht, wie er erst glaubte, von seinem Unterbewussten, das den Damenkreis der Holden auf der Reitanlage imaginierte, nein, von zwei Konzertbesucherinnen, die weit genug von ihm standen, dass er sie nicht verbal oder handgreiflich zur Verantwortung ziehen konnte; ihm blieb nur genervtes Grimassieren, Schweißausbruch, Herzrasen, in die Gedärme gefressene Empörung und vorzeitige Flucht, begleitet von den mitleidigen Blicken der Umstehenden, auf die Straße, aufs Fahrrad, dem von „konservativen“ Aktivisten die Luft aus den Reifen gelassen worden war, ratternd auf der Felge über die Hügel bis zur von der Unangetrauten nachlässig verschlossenen Haustür, die er aufbrach, um sich im Keller illegal an ihren Seccovorräten, denn durch den Verzehr der klebrigen Limonade hatte er einen erheblichen Durst entwickelt, aber natürlich keine Finanzen mehr zur Verfügung gehabt, in einer Art und Weise zu bedienen, dass er erst nach zwei Tagen vom Kommissar der Kreisstadt auf dem Kellerboden liegend gefunden wurde, denn die Holde hatte eine solche Frechheit Ihres Mannes trotz ihrer schlechten Meinung von ihm nicht für möglich gehalten.

Eis, Baby

torgitter

Der wegen des überharten Winters mit seinen Eisregenexzessen, Schneekapriolen und den ganzen anderen arktischen Sauereien gesperrte Aufgang zum Aussichtsturm (Rutschgefahr) bleibt laut Auskunft der Behörden bis zu den Eisheiligen geschlossen, um das Ärgste (Sturztode) zu verhindern (wegen „Eis“).