Archiv für den Tag: 29. März 2022

Abenteuer des Sanitärfachwesens

Klempner Patzschke aus der Rhön parkt seinen mit irreführenden Angaben beschrifteten LKW („Sanitärfachgroßhandel Liebegall“) vor der aufgelassenen Industriebrache am Rande der Stadt. Nach allen Seiten witternd, stochert er in den riesigen Schutthaufen, die den Hof bedecken, dringt in muffige Flure vor, erkundet verlassene Büros, wo vertrocknete Gummibäume, durchs Fenster kriechende Moose und von ihren Besitzern vergessene, grünbewachsene Pausenbrote dabei sind, bisher unerprobte Biotope hervorzubringen. Schmunzelnd klopft er mit der Rohrzange an Sanitärinstallationen, staunend reibt er sich an Aggregaten, die offensichtlich der Produktion großer Mengen chemischer Substanzen dienten. Der Geigerzähler schlägt nur schwach aus. Endlich, im oberen Stockwerk eines ehemals modernen Bürohauses, dessen Fassade nichtsdestotrotz am schnellsten ihre Substanz eingebüßt hat, stößt er auf das Büro des Generaldirektors. Der Raum ist hell, leidlich sauber und aufgeräumt. Erstaunt pfeift Klempner Patzschke durch die Zähne. Als hätte der Kerl sich gerade erst erhoben, um einmal kurz aufs Klo zu gehen, denkt er.  Aufs Klo, wo nach der in der Klempnerinnung kursierenden Sage güldene Armaturen verbaut sind, angeschafft im Ergebnis illegaler Geschäfte mit dem Westen, die der Generaldirektor getätigt hatte und die ihn nach Meinung der Untersuchungsorgane ins Exil nach Paraguay trieben. Patzschke wühlt ein wenig in den Papieren auf dem Schreibtisch herum, lässt auch einige achtlos zu Boden fallen. Da öffnet sich in seinem Rücken eine Tür, die Toilettenspülung ist zu vernehmen, ein Hosenstall wird zugezogen. Klempner Patzschke dreht sich überrascht um und hört nur ein missmutiges „Was unterstehen Sie sich?“, während ein Spazierstock aus Ebenholz mit Elfenbeingriff auf seine Schiebermütze niedergeht. Nur dieser Mütze verdankt er es, dass er in seinem LKW vor der Kreispolizeidirektion aufwacht, und nicht im Leichenschauhaus.