Besuch aus Hollywood

Modernste 3D-Technologie ermöglicht atemberaubende „Blockbuster“-Streifen

Der Hollywoodmogul hatte es sich auf dem Heimarbeitssofa des kleinen Herrn Schönleben bequem gemacht. Schönleben wippte nervös in seinem Schwingsessel auf und nieder. Eigentlich forderte ihn sein Laptop zu einer fünfzehnminütigen Ruhezeit auf, aber was sollte er machen, wenn dieser seltsame Gast sein Sofa blockierte? Er hatte sich als Herr Goldwien (oder ähnlich) ausgegeben und war mit der Metro gekommen, um Schönleben bei der Arbeit zuzusehen.

Das Ganze war sicher ein Missverständnis. Der Art Director in seinem krankhaften Egomanenwahn trieb sich permanent auf irgendwelchen Netzwerk-Partys herum, prahlte mit seinem „Staff“, dessen „Skills“ und „Performance“, um irgendwie den Abflug in eine ernstzunehmende Agentur zu schaffen. Dafür klaute er sich aus dem Internet angebliche Arbeitsproben zusammen, die er permanent auf seinem Telefon hin und her wischte. Die bemitleidenswert räudigen Grafiken mit den vor Rechtschreibfehlern strotzenden Texten seiner Untergebenen waren nicht dabei.

Der Mogul aber hatte sich bei einem dieser Events wider Erwarten interessiert gezeigt an den atemberaubenden 3D-Fertigkeiten des kleinen Herrn Schönleben, der in der Agentur für die Schaffung der virtuell begehbaren Tortendiagramme zuständig war. Bisher waren diese lediglich in einer Internet-Präsentation des Herrn Dachdecker Schnürgel aus Albersdorf zur Anwendung gekommen, der damit potentielle Investoren ködern wollte. Aber Schönleben musste für den Art Director „in freien Stunden“ Unmengen ebensolcher Diagramme basteln, in denen dieser im Rahmen seiner nächtlichen Drogeneinnahme stundenlang umherirrte.

Schönleben jedenfalls schichtete nun mit den von Pralinen klebrigen Fingern Torte auf Torte, Tortenstück auf Tortenstück, jeweils wie aus bunt gefärbtem Glas, durch die er sich schließlich wie ein Äffchen hangelte, magische Welten, die im Mogulen durchaus einen kleinen Rausch zu entfalten schienen, starrte er doch mit weit aufgerissenen Augen auf das schnarrende, pfeifende, rasselnde Billiggerät, an dem Schönleben seine Befehle mit zwei Fingern in kryptischen Zeichenfolgen einklackerte.

Nach vier Stunden erhob sich der Mogul ächzend vom Sofa, rieb sich den Schlaf aus den Augen, presste „Great work, guy!“ und „Absolutely awesome!“ durch die Zähne, schleppte sich zur Tür und ward nie wieder gesehen. Der kleine Herr Schönleben schnellte auf das schön angewärmte Sofa und schlief durch bis zum Spätfilm.