Verstörendes Vorkommnis

Polizei im Haus? Notschalter!

Wir hatten die Polizei im Haus. Das war nicht schön.

„Eintreten! Polizei!“ sagte die Polizei. Oder so ähnlich. Jedenfalls hatten wir sie an der Backe. Und nichts gemacht! „Wir haben doch gar nichts gemacht!“ riefen wir im Chor. Die Polizei lachte höhnisch.

Ich zog den Anwalt aus dem Schrank. „Sie sagen erst einmal gar nichts“, sagte der Anwalt zu mir. Er roch alt und war ungekämmt. Ich legte ihm den dunkelblauen Filzmantel über, der mit ihm im Schrank gehangen hatte, damit ihm die Eingewöhnung leichter fiele.

Die Polizei ermittelte währenddessen im Kühlschrank. Füllstände! Das kann sich hinziehen, zumal diese ja wechseln, über den Abend hinweg. Auf dem Hof hatten es sich inzwischen die verschiedenen Polizeistaffeln gemütlich gemacht, Hunde-, Pferde- und Fahrradstaffel, auch die Motorradäquilibristen hatten ein lauschiges Plätzchen gefunden. Nur die Hubschrauber kreisten orientierungslos, bis sie sich schließlich auf die Suche nach einem gut gefüllten Stadionvorplatz machten, wo eine zünftige Derbyschlägerei befeuert werden könnte.

Ich fand noch ein bisschen Kartoffelsalat im Kühlschrank, brühte ein paar Wiener Würstchen auf, wir öffneten eine um die andere Flasche und diskutierten die Unterschiede zwischen Hell- und Pilsbier. Niemand hatte Lust, irgendwelche amtlichen Stanzen nachzusprechen, Formulare auszufüllen oder Tatortkommissare zu imitieren, es wusste ja auch keiner im Haus, worum es eigentlich ging. Jemand hatte angerufen, das war verdächtig, denn wer ruft heutzutage noch an?

Pünktlich 2150 wurden die Beamten von ihren elektronischen Geräten über das Schichtende informiert, ohne Hast packten sie ihren Krempel zusammen, leerten die Neigen, tippten an ihre Mützchen und empfahlen sich. Das Standardprotokoll, gültig ohne Unterschrift, stopfte ich dem Anwalt in die Mappe, bevor ich ihn wieder im Schrank unterbrachte, zusammen mit dem Mantel.

Im Fernseher startete der übliche Nachhole-Tatort des dritten Programms, aber ich hatte genug gesehen.