In der Bibliothek

Ich betrat die Bibliothek und sah mich kurz darauf in eine unwürdige, beinahe physisch geführte Auseinandersetzung verwickelt. Den Packen ausgeliehener Bücher hatte man mir kommentarlos mit mürrisch hängenden Backen entrissen, verlangte aber eine erhebliche Summe „Mahngebühren“ wegen „verspäteter Rückgabe.“ Meine Einwände, dass die Bibliothek sowohl wochenlang unerwartet geschlossen als auch sonst überhaupt nicht erreichbar gewesen wäre, niemand hier je das Telefon, Telefax oder Emailliergerät zu benutzen schien und sich ansonsten in diesem Hause nur das Desinteresse an allem und jedem außer dem Einzug von Mahngebühren zu manifestieren schien, verpufften an den wie stets zur Schau getragenen abweisenden Mienen der Kohorte, die eilig herbeigerufen worden war, um mich notfalls mit Gewalt zur Strecke zu bringen. In höchstem Maße emotional angespannt, verlangte ich trotzdem nach dem Schuldigen, denn als solchen sah ich mich als allerletzten, und die Wortführerin brüllte tatsächlich über die Schulter nach hinten, zwei Subalterne polterten daraufhin finstere Treppen hinab, bis sich der Hall ihrer Schritte in Stille auflöste.

Nach Minuten angespannten Wartens, in denen die Kohorte mich anglotzte und auf eine falsche Bewegung lauerte, tauchte zwischen den beiden Zurückgekehrten ein kleines, hilfloses, blasses, verschrumpeltes Männlein auf, verängstigt, zitternd, mit hängenden Lidern und von Staub und Spinnweben bedeckt. Das war der Schuldige.

Erschüttert zahlte ich meine Mahngebühren und trollte mich, Hohngelächter der Kohorte im Rücken, dazwischen ein dünnes Schluchzen.