Die Ingo-Gottheit

uhu

Karl Gong, der bekannte Weltreisende, hatte in frühen Jahren an diversen Ausplünderungen fremder Kontinente teilgenommen, derer er sich mittlerweile innerlich schämte; äußerlich jedoch trug er die Nase oben und behauptete, heute wäre ja alles noch viel schlimmer, und man hätte damals immerhin das Gute gewollt und leider mit dem Hintern den einen oder anderen Tempel umgerissen, aus Unkenntnis zumeist, doch mittlerweile sei man, also er, Gong, moralisch gereift, quasi um die Ecke der Erkenntnis gebogen, geläutert, rein juristisch wäre sowieso nichts zu machen, also überhaupt kein Grund, sich mit Asche aus dem längst dahingegangenen Kachelofen zu pudern.

Im schmuddligen Hof seines engen Anwesens jedoch, schräg über dem gemauerten Grillplatz, der auch schon fröhlichere Fleischzubereitungen gesehen hatte als gerade eben, da die Steckwursten von nebenan ihre eingelegten Kammscheiben auf den Grill schplatzte, von denen ihm so schlecht werden wird, er weiß das, schon beim Verzehren wird ihm schlecht werden von den Knorpeln und Sehnen und Fetträndern, thront auf einem Absatz stramm und feist und passiv-aggressiv die kleine aztekische Gottheit. (Oder ist es eine Ingo-Gottheit? Schuhmannschen? Wer soll das jetzt noch auseinanderhalten?)

Und dann, wenn die Steckwursten nach dem achten Schokobecher Eierlikör lallend fragt, was das für ein Vogel ist, der da auf dem Brett steht, wird der sonst so geschmeidig-kühle Gong, Karl, das Flattern kriegen, scheu nach schräg oben zu der kleinen Gottheit linsen, ob sie jetzt endlich ihren Strahl der Verdammnis auf ihn abschießen würde, dann hätte das alles hier endlich ein Ende mit der Steckwursten, den zähen Kammscheiben und dem elenden Eierlikör.

Allein, kein finaler Rettungsblitz erstrahlt, Gong zieht sich enttäuscht würgend auf das Sommer-WC zurück und beschließt, vorerst nicht zurückzukehren.