Schlagwort-Archiv: Zwerge

Zwerge

Momentaufnahme

Vor wenig Monden buntes Laub.
Jetzt singt mich schon die Amsel taub,
und Blüten drängen aus den Zweigen. 
Die Zwerge tanzen einen Reigen.

Das Silber schmurgelt in der Pfanne.
Verwegen kreist die Branntweinkanne
und wirft die wackren Trinker nieder.
Blau senkt die Nacht sich auf den Flieder.

Von Aachen herrscht der Lenz bis Zerbst.
Nun preise ihn. Denn bald ist Herbst.

Die letzten Meter


Hier fährt man gern vorbei.
Die letzten Meter der Reise nach Hackpfüffel sind unter den Rädern des silbernen Wagens. Beinahe lautlos gleitet er dahin auf dem Asphaltbande, während die Skylines der ehemaligen Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften, Abteilung Tierproduktion, die Seitenfenster füllen. Karl Gong starrt erregt nach vorn, an den bunten Hawaiiketten vorbei, die er am Spiegel angebracht hat, damit sein Gesicht „beim Blitzen“ unkenntlich bleibt. Ist der Weg, auf dem er sich befindet, der rechte? Haben die Zwerge, die sein Auto an der Tankstelle geklaut und Tage später bei der Volkssolidarität wieder abgegeben haben, den Motor ausgebaut? Der war nie so leise! Aber nachsehen unter der Motorhaube mag er nicht, ihm graut vor dem Gedanken, was ihn da erwarten könnte. Wahrscheinlich ein Photonendampfkolben oder eine rotierende Hamsterfarm oder irgendwas mit Cejozwei! Lieber zum Seitenfenster hinaussehen, ob zwischen den dunkelgrauzementenen Pförtnerhäuschen und Schweinestallungen noch irgendwelche Schweine oder Pförtner herumirren, untot möglicherweise, und ungenießbar! Aber wenn er dann das Ortsschild von Hackpfüffel übersieht?! Augen geradeaus, Karl Gong, das Ziel ist nahe!

Nach Hackpfüffel!


Aber erstmal frühstücken!
Karl Gong begab sich also wieder zum Goldenen Stern, das Auto war sowieso weg, und in dieser Gegend würde es wohl nie wieder auftauchen. Die einzigen Fahrzeuge hier waren riesige ausländische Geländewagen, die Anhänger mit verwegen aufgeschichtetem Schrott hinter sich herzogen. Lachende Zwerge in den Geländewagen winkten Karl Gong zu, und lachend winkte er zurück. Erstmal ein Bier! Dann die Polizei. Oder vorher an dem Wasserhahn, der neben dem Goldenen Stern angebracht war, den dicken Hals waschen? Ständig war man in der Fremde lebensentscheidenden Situationen ausgeliefert, sollte Entschlüsse fassen, deren Folgen man nicht absehen konnte, jedenfalls nicht, wenn man die Nacht zuvor damit zugebracht hatte, siebzehn mittlere Biere und den einen oder anderen Wodka zu sich zu nehmen. So, mein lieber Herr Gong, kommen wir nie nach Hackpfüffel, dachte Herr Gong.

An der Tankstelle


Als Karl Gong mit seinem silbernen Wagen endlich die Tankstelle erreichte, hatte ihn dort offensichtlich keiner mehr erwartet. Der Tankwart hatte die Zapfbestecke eingepackt und mit nach Hause genommen, wohl, um sich was dazuzuverdienen. Zuzu. Karl Gong ging in die Kneipe gegenüber, um bis zum Morgen zu zechen; wenn der Tankwart dann wiederkommen würde, könnte er Benzin nachfüllen lassen und dann die Reise nach Hackpfüffel fortsetzen. In der Nacht beobachtete er schläfrig, wie seltsame Zwerge seinen Wagen in eine der hölzernen Garagen rollten, die um die Tankstelle gruppiert waren. Na, wenigstens würde der Wagen in der Garage nicht geklaut werden, dachte Karl Gong und schlief ein. Die schrillen, aber gedämpften Arbeitsgeräusche aus der Garage konnten ihn nicht wecken. Am Morgen war das silberne Auto weg, die Garagen waren leer und der Tankwart abwesend. Na gut, dachte Karl Gong, ohne Auto brauch ich auch kein Benzin, geh ich erstmal frühstücken.