Schlagwort-Archiv: Corinna

Leider asozial

kippen
Leider asozial (Beispielfoto)

Karl Gong, der das Prinzip Rauchen nie so recht verstanden hatte, denn er war weder bei der Volksmarine noch je im Gesundheitsbereich beschäftigt gewesen, fand das Inhalieren und Ausstoßen von Giftgasen schon allein aufgrund der scheinbar notwendig folgenden Hinterlassenschaften unerfreulich und asozial, vom Zustand der Atemwege in Zeiten, da diese besondere Aufmerksamkeit genießen, ganz abgesehen, und er freute sich an seinem vergleichsweise milden Laster, das lediglich die Garage in Form von Leergutpaletten blockierte; aber dafür hatte er ja das Dach extra um vier Meter anheben lassen, was auch der Holden zugute kam, die somit einen vorzüglichen Ausblick über das Grundstück genießen konnte, das sie mittlerweile permanent Ranch bzw. Farm nannte, sehr zum Unwillen des eher frankophilen Karl Gong.

Bange Frage

batzen

Werden all die alten
Felsensteine halten,
bis ich wiederkehre
aus der Quarantäre,

ach Quatsch, Quarantäne?
Oder sind die Zähne
meiner Felsmassive
bald schon morsche, schiefe

Ausfallkandidaten?
Wann kann ich auf Graten
wieder balancieren
und auf allen Vieren

kriechend jammern peinlich?
Nicht vor Herbst, wahrscheinlich.

Zeitenwenden

fuenfnachzwoelf

Der Problembär, der in letzter Zeit zuviel Zeitung gelesen und ferngesehen hatte, verbrachte ganze Nachmittage an der Uhr, um sie wahlweise auf fünf vor zwölf, eins vor zwölf oder fünf nach zwölf zu stellen, je nach Aussichtslosigkeit der Situation. Irgendwann aber drang das fordernde Rattern des Kühlschranks in sein Bewusstsein, er ließ die Apokalypse Apokalypse sein und begab sich an den Küchentisch, den gut gekühlten Getränken Gesellschaft zu leisten.

Programmhinweis

atemwege
Atemwege (Beispielfoto)

Nach dem Erfolg der regelmäßig versendeten Hitler-Dokumentationen Hitler und seine [Panzer, Flotte, Männer, Frauen, Hunde, Feldzüge, Flugzeuge, Hauptstädte] empfehlen wir heute abend aus gegebenem Anlass die Sondersendung Hitler und seine Atemwege (160 Minuten, gleich nach den Nachrichten); wahrscheinlich haben Sie ja sonst nichts zu tun.

Langsame Begebenheit

landschaft
Landschaft mit erloschenem Vulkan (Beispielfoto)

„Weißt du“, sagte Görke zu Schlott, der in gehöriger Entfernung von ihm die Einnahme eines Getränkes zelebrierte.

„Ja“, sagte Schlott, der einige Minuten ins weite Land gehen ließ, ehe er den Mund öffnete.
Sie hatten sich aufgrund der Ereignisse, beziehungsweise der Nichtereignisse, eine erhebliche Verlangsamung der Gesprächsführung angewöhnt. Im Weiler war seit Wochen nichts vorgefallen, was der Erwähnung wert gesesen wäre. Sie dehnten also die Zeit, um vielleicht doch noch einen Vorfall, eine Idee oder wenigstens eine Irritation in der scheinbar unendlichen Spanne ihres Beisammenseins unterzubringen.

„Der Baumarkt“, sagte Görke, sehr verzögert, und machte ein Gesicht.

Ein Vogel rief klagend. Wahrscheinlich war der 20er Meisenknödelspender leergefressen. Die Sonne schob sich ganz langsam hinter das Hochsilo der LPG.

„Der war immer schön, der Baumarkt“, sagte Schlott.

Die Kreissäge vom Semmler begann zu singen. Er machte jetzt aus den 30er Kaminscheiten je drei 10er. Brennt besser. Leider auch schneller. Die Säge sang sechzehn Strophen, dann holte Görke wieder Luft.

„Hat vlei widder uff“, sagte Görke, und ließ einen sehr ausdrücklichen Zug Helles folgen. Andächtig wartete Schlott, bis sein Freund das umgewandelte Getränk hinter dem überquellenden Komposthaufen abgeschlagen hatte und wieder auf den Plastikstuhl, den er vor Jahren aus der Ostsee gefischt hatte, gesunken war.

„Gloob ick nich“, sagte Schlott, dem sich in Phasen der inneren Aufgewühltheit manchmal Anklänge eines brandenburgischen Zungenschlags zwischen die Zähne mischten.

„Na, dann ni“, beendete Görke das Gespräch nach reiflicher Überlegung.

Die Sonne verschwand hinter dem kaputten Zaun, der von diesem unzähmbaren Efeu, dem Misthund, überwuchert war, und die erste Fledermaus ließ das falsch eingestellte Hörgerät Görkes aufgeregt klackern.

Verzögerte Wege zur Normalität

mikro

Wenn demnächst der Konzert- und Gastspielbetrieb wieder aufgenommen wird, gelten vorerst Einschränkungsverfügungen. Den Bands wird das Mitführen von Sängerinnen und Sängern untersagt, die BedienerInnen von Instrumenten haben sich im Hintergrund zu halten und gegebenenfalls mit dem Rücken zum Publikum zu spielen. Positive Beispiele sind aus der Musikgeschichte hinreichend bekannt und zur Nachahmung empfohlen.

Nacht

nachtbrunnen

Hohe Häuser, tiefe Bronnen.
Zeit ist still zu Stein geronnen.
Wasser schwappert aus den Eimern.
Tag getaktet von den Timern
meines klugen Telefons,
das nichts weiß von dem Aktions-
und Kontaktkomplettverbot.
Ich steh vor der Ampel rot.

Armageddon

armageddon
Der Blick aus dem Fenster

Nach dem erzwungenen nächtlichen Genuss der frei Haus gelieferten Katastrophenfilme (den Tag hatte ich verschlafen, um nicht von Klopapier schleppenden oder nach Klopapier gierenden Menschen niedergerannt zu werden), traute ich mich kaum, die Vorhänge vom Fenster zu ziehen, schlief also den zweiten Tag durch, erwachte vom Getöse eines weiteren Weltuntergangs im Fernsehgerät, linste, es muss gegen Sonnenuntergang gewesen sein, aus dem Fenster und kroch kurz aufschreiend und schießlich wimmernd unter die Bettdecke, während Bruce Willis sein Bestes gab.

Das schlampige Sonett zur Lage

corinna

Stell dir vor, das Virus wäre
wie ein Luftballon.
Trudelt durch die Atmosphäre
bis aufs Scheselong,

wo wir sitzen, und wir fangen
es uns fröhlich ein.
Hustend röten sich die Wangen!
Virus, dummes Schwein!

Nimm die Nadel,
liebes Madel,
stichel, pfuff, ein Loch!

Dann ins Ladel.
Handwaschbadel!
Danke: Robert Koch.

It’s Fashion

klopapier
Glück, dein Name sei Klopapier!

Karl Gong, der in den milden Wintermonaten ohn Unterlass und Radio, vom Fernsehen ganz zu schweigen, im Auftrag der Unangetrauten an den neuen, lichtdurchfluteten Stallungen für die Leasinggäule gearbeitet hatte, während er im abgedunkelten Kartoffelkeller seine Mahlzeiten zu sich nahm, um nicht auch noch in den Pausen mit Arbeitsaufgaben behelligt zu werden, durfte an einem kühlen Tag im März die Kreisstadt aufsuchen, um einen ihm von der Holden am Valentinstag überreichten Videotheken-Gutschein einzulösen, der auf den Film „Der Pferdeflüsterer“ ausgestellt war, Umtausch gegen andere Werke ausgeschlossen; jedoch, als er vor verschlossener Tür stand, an die ein Zettel „Aus den bekannten Gründen geschlossen“ mit drei Ausrufezeichen gepinnt war, sah er sich genötigt, seinen Plan zielgerichteter Aktivität zu korrigieren, er musste improvisieren und sah sich im Straßenraum um, der angenehm unbevölkert war, abgesehen von seltsam auseinandergezogenen Menschenketten, die vor Drogerien anstanden, und von Personen mittleren und höheren Alters, die mit beseeltem Gesichtsausdruck Klopapiergroßpackungen mit sich führten, der neue Chic der Kreisstadt offensichtlich: Hatte man früher Kinder oder Hunde oder Telefone mitgeführt und hergezeigt, war es nun Klopapier, eine an sich positive Entwicklung, handelte es sich doch um ein Accessoire, das sich jeder leisten konnte, das die Menschen egalitär verband und offensichtlich außerordentlich beglückte.

Karl Gong, dem mittlerweile aufgegangen war, dass die modisch behängten Menschen der Drogerie entströmten, reihte sich freudig ein, wartete geduldig auf seine Ration, zahlte mit hochgezogenen Augenbrauen und warf schließlich fröhlich in Erwartung einer anerkennenden Kopfnuss der Liebsten die zwei XXXL-Packungen in den Saporoshez, um den aktuellen Fashiontrend hinaus aufs Land zu tragen.

So geht es nicht weiter

insekten

Wegen der viral influencten Einschränkung der Reisetätigkeit hat der Problembär als Inhaber eines sowieso nicht florierenden Hotelfachbetriebs die Politik aufgefordert, unverzüglich für Kompensation (zum Beispiel Honig oder Honigprodukte) zu sorgen, ansonsten werde man (er) den Aufstand proben und (zutreffendes hier eintragen).