Kategorie-Archiv: Vom Reisen

Vom Reisen

Das schlampige Sonett vom Ende

Sieht aus, als müsst ich enden heute.
Drum kommt in meine Arme, Leute,
und schaut, was in den letzten Jahren
die Lipsigrader Themen waren.

Ihr findet Perlen, groß wie Bälle,
Gedichte, einfach auf die Schnelle
oder als schlampige Sonette
gereiht auf eine lange Kette,

dazu die Bilder, digitalen,
geklaubt aus hohen Hochregalen
und mit Erläuterung versehen,

die Haiku, streng nach Silbenzahlen:
Erzeugt mit Spaß und ohne Qualen.
Lest laut und lacht. Ich muss jetzt gehen.

Das schlampige Sonett von Ursache und Wirkung

Kormorane sitzen
aufgereiht wie Puppen.
In den Schnäbeln blitzen
silberhelle Schuppen.

Sind verdaut die Dorsche,
Aale, Flundern, Sprotten,
klatschen sie aufs morsche
Holz. Die Brücken rotten,

und den Luxusdampfern
mit Calypso-Klampfern,
eingebauter Brandung

in den Pools und Tempeln
voll mit Speis und Bembeln
wird verwehrt die Landung.

Gute Idee

An schwer zu begehenden Stellen des Strandwanderweges hat die Kurverwaltung besonders flauschige Teppiche ausgelegt. Der dankbare Pauschalreisende kann somit auf die Inanspruchnahme der örtlichen Chirurgieangebote verzichten.

Zwischen den Arbeitstagen

Ich glaub, die Stadt heißt „Halle“.
Und „Halle“ lieben alle.
Spazierend zwischen Türmen,
in Sonne, Regen, Stürmen

und hopsend auf der Brücke
genieße ich die Lücke
des Sonntags: Muss nichts machen.
Darf über „Halle“ lachen.

Das wird ein guter Tag

Guten Morgen, Vollmatrose,
steig in deine Gummihose,
auf die kalte Nase Puder
und dann greife dir das Ruder.

Auf dem See gehts weit ins Freie.
Für das Mahl bestellt sind Schleie.
Weit nach Lee ein letzter Schneuzer.
Volle Kraft im Panzerkreuzer!

Osterinselspaziergang

Natürlich war ich noch nie auf der Osterinsel, dachte der kleine Herr Schönleben, aber irgend etwas muss ich doch in meinen Reiseblock hineinschreiben. Die Lesenden fordern Futter, und die Futternden lesen nebenbei. Der Herr Oligarch hat dringend angeregt, diesen Reiseblock zu schreiben, und in den Geschichten vor allem die von ihm vertriebenen Getränke prominent zu erwähnen.

Seufzend schlich der kleine Herr Schönleben auf die Wiese seiner Wohnanlage, machte ein Foto der Plastik, die zu Zonenzeiten dort aufgestellt und aus Gründen ihrer schieren Masse noch nicht gestohlen worden war, fabulierte einige Zeilen von seinem vermeintlichen Osterinselspaziergang, den er unter Austrinken mehrerer Wegbiere (Marken hier einsetzen) vor Jahren absolviert haben wollte, und wie er unter einem der herrlichen, gigantischen Steinköpfe einschlief, zwischen Gänseblümchen und, äh, ja, Gänsen eben, etcetera-pp. Als er wieder aufwachte, fiel es ihm nicht schwer, zu beschreiben, wie er aufwachte; er räumte die Flaschen weg und registrierte mit einem kurzen Seitenblick, dass die Dame in der achten Etage gegenüber schon wieder die rote Lampe entzündet hatte. Das Leben ist anstrengend, dachte der kleine Herr Schönleben, wenn man eine so gute Beobachtungsgabe hat wie ich.

Bericht

Mondoberfläche (Beispielfoto)

Der Paketbote hatte mich eingeladen, in seiner Rakete mit zum Mond zu fliegen, er hatte sich nebenbei eine gebaut, mit Investorengeldern. Man glaubte an ihn, und ich hatte im Mondflug-Preisausschreiben gewonnen, weil ich immer fremde Päckchen annehme. Vorher gab es ein kleines Training in der Zentrifuge, bei dem ich mich mehrmals erbrach, alle lachten, klopften mir auf die Schultern und sagten, das macht nichts. Ich weiß nicht, ob in der Crew echte Astronauten, Kosmonauten oder Taikonauten vertreten waren, alle grinsten ständig und hielten den rechten Daumen hoch. Wir trugen Windeln aus Recyclingmaterial, zu essen gab es Käsebrötchen und später Haferschleim. Der Mond schien bei der Landung völlig unberührt zu sein. Wir ließen eine Menge Pakete und Päckchen da, stellten Fähnchen von Sponsoren in den Sternenwind und nahmen ein paar Videos auf, in denen wir herumhüpften, Purzelbäume schlugen und uns mit Müslischachteln bewarfen. Wer wollte, konnte eine kleine Mondwanderung machen, es würde aber mit dem automatischen Rückflug nicht gewartet werden, falls man sich verspätete. Mit etwas Glück könnte man dann in der nächsten Rakete zurückfliegen, in der vom verrückten Plattenhändler oder der vom verrückten Autoschrauber. Ich packte ein paar Steinchen ein, die ich allerdings nach der Landung in Florida wieder abgeben musste.

Alles erlaubt!

Fahr ich einmal mit der Bahn,
lege ich die Maske an,
trage sie jedoch nicht lange
(vor Erstickung ist mir bange),

fresse darum Stund um Stunde
(ist erlaubt als Reisekunde)
knapp dreitausend Kalorinen.
Lustig ist es auf den Schienen.

Ein Zufallsfund!

Klaus-Jürgen, der befreundete Milliardär, war mit seiner Venusrakete („KJMarsXXX“) bei einem Versuchsflug abgestürzt und hatte sich tief ins Erdreich einer vogtländischen Alm gebohrt, war in ein vergessenes Grubensystem eingebrochen und tagelang in den unterirdischen Katakomben umhergeirrt, bevor ihn sein (aus Kostengründen externes) Bergungsunternehmen lokalisieren und zu Tage fördern konnte. Kaum hatte er vor den Kameras drei Liter Cola ausgetrunken und vierzehn echt amerikanische Klopsbrötchen heruntergeschlungen, kaufte er die komplette Alm und einige umliegende Dörfer, angeblich, um würdevoll seines wundersamen Überlebens gedenken zu können. In Wahrheit aber hatte er während seiner „Spaziergänge“ in den vogtländischen Labyrinthen einige prähistorische Wandreliefs entdeckt, die er in den folgenden Jahren heimlich bei allen großen Auktionshäusern versteigern ließ, um noch reicher zu werden als die anderen Milliardäre.

Meine schönste Flugreise

Nowaja Semlja (Beispielfoto)

Setz dich auf den Schemel da.
Es ruft Nowaja Semlja
mit der Kraft der Schallmusik.
Halt dich fest an diesem Strick.

Auf dem Rollfeld herrscht Alarm.
Schreiend rennen sie im Schwarm
um den alten Jet herum,
schrauben viel und gucken dumm.

Hast du wirklich echt erwartet
dass die Kiste sofort startet?
Geh noch schnell nach Käsebroten,
Wodka für den Chefpiloten.

Irgendwann erfolgt ein Ruckeln.
Hinter einem Trecker zuckeln
wir nach siebzehn Stunden schon
hin zur Abflugposition.

Der Natschalnik hebt die Kelle
und wir leeren auf die Schnelle
auch zwei Gläser. Alle Proost!
Auf geht es ans Eismeer Oost.

Unten winken die Cousinen
neben blinkenden Maschinen,
die nach Moskau destinieren,
voll mit bunten Offizieren.

Oben johlen wir enthemmt,
weil das Höhenruder klemmt.
Und wir steigen, welche Ehre,
singend in die Stratosphäre.