Diese Brücke verbindet zwei neue Ufer.
Als der Pleißestrom im schönen Musikviertel (hier besonders laut) an die Luft geholt wurde, um besser atmen zu können (man nahm den Betondeckel ab und ordnete alles hübsch an), stellte man fest, dass es den Lipsigradern nicht zugemutet werden kann, zweihundert Meter an nur einem neuen Ufer entlang zu spazieren, und installierte in der Mitte eine hübsche Brücke, von der man runterkucken, runterspringen oder träumen kann. Ein hervorragendes Beispiel für schönheitsorientiertes und dennoch pragmatisches Handeln.
Archiv für den Monat: Januar 2006
jac?
Unnütze Brücke
Diese Brücke trennt Lipsigorod vom Cospisee.
Wenn die vergnügungssüchtigen Lipsigrader und ihre Gäste früher den Wunsch hatten, den Großen Badesee oder den Großen Eber (im Wildpark) zu besuchen, liefen oder radelten sie einfach durch den Wald und kreuzten dabei Flüsschen und Getier. Plötzlich bemerkte das Amt, dass die Brücke über den berühmten Pleißestrom (immerhin etwa 10 Meter breit) dieser Zumutung nicht mehr gewachsen ist. Deshalb wurde sie zugesperrt und mit einem Wegweiser versehen, der seinen Leser zurück auf Start verweist, wo sich eine noch begehbare Flussquerung befindet. Nach reichlichen drei weiteren Kilometern befindet er sich dann tatsächlich am anderen Ufer. Ein hervorragendes Beispiel für sicherheitsorientiertes und dennoch pragmatisches Handeln.
Korbball
Aus Gnatz darüber, dass man Lipsigorod trotz übermenschlicher Anstrengungen seiner Bewohner (Wimpel, Stadion, Nordic Walking, Vierte Liga) bei der Olympiavergabe einfach übergangen und damit mental niedergetrampelt hat, werden scheinbar einige der vor kurzem erst installierten Sportarenen beleidigt dem Verfall preisgegeben. Sollen die doch ihren blöden Korbball sonstwo spielen, zum Beispiel im Fernsehen. Jedenfalls nicht mit uns.
Tja
Zettelwut ohne Nachbarnblut
Kommunikation in der Hausgemeinschaft
Hausgemeinschaften in Hinterwald kommunizieren oft nonverbal. Dies hilft auf jeden Fall bei der Vermeidung furioser Prügeleien, die trotz banalster Anlässe zweifellos stattfinden würden. Dank Zettelwutausbrüchen über fehlerhafte Mülltrennung kann sich die Bewohnerschaft unsanierter Altbauten auch ohne Nachbarnblut abgreagieren.
Praxisnähe
Der Eingang einer technischen Hochschule
in Lipsigorod zeigt, wie die Geschlechter sich am besten im Berufsleben einsortieren sollten: Während die attraktive Dame (rechts) bereits ein putziges kleines Häuschen gefertigt hat, steht der junge Mann (links) schon bereit, ein wenig mit dem Hammer darauf herumzuklopfen.
Villa Imperator
Stadt auf der Kippe
Nicht nur, dass es sowieso schon etwas arg aufregendes hat, die Fahrmaschine durch mittelelbische Kleinstädte zu steuern. Neuerdings stehen diese Städte wegen der finanziellen und demographischen Malaisen ja, wie mehrfach offiziell bekanntgegeben wurde, „auf der Kippe“ und drohen nach ganz links (oder rechts) abzurutschen. Dieses Bild ist der Beweis.
Spurensicherung im Yellow Motel
Wir landeten das negative U-Boot in einer weiten Parabelkurve sicher auf der Bundesstraße und bremsten auf die zulässige Höchstgeschwindigkeit ab. Der Bordingenieur schüttelte die Kekskrümel aus dem Fenster, Leyla zupfte ihren Rocksaum zurecht und der Hund verstopfte den zweiten Auspuff mit irgendwas. Allerdings wurde uns der Zutritt zum Yellow Motel von einer CSI-ähnlichen Brigade verwehrt, die überall weißrote Bänder in den Wind gehängt hatte und den Fußboden mit Lupen, Pinseln und Digitalkameras traktierte. Wahrscheinlich war gar nichts passiert, aber sie hatten im Fernsehen gesehen, wie so etwas gemacht wird, und wollten „die Szenerie nachstellen“. Die Küche wurde durch einen bulligen Volkspolizisten gesichert, der den Koch lächelnd im Schwitzkasten hielt und ihm dabei anerkennend auf die Schulter klopfte. Enttäuscht stellten wir das U-Boot unter der nächstgelegenen Elbebrücke ab, leerten die letzten Cannewitzer Pilsflaschen und betrachteten die Deichschafe, die uninspiriert an uns vorüberzogen.
Was macht man mit den Nadeln?
Nitzsches Jahresabschluss
Das Jahr hörte für Getränkehändler Adolf Nitzsche in Machern („man muss nur machern“) genauso unerfreulich auf, wie es angefangen hatte. Zunächst leidet er unter der wirtschaftlichen Depression der Kundschaft, einhergehend mit enormer Kaufzurückhaltung bei Markenbieren und Premium-Mineralwässern. Im Herbst dann wegen der plötzlich ausgebrochenen Aufschwungs-Euphorie konsumieren alle nur noch Champagner, den Nitzsche natürlich nicht führt. Und am Heiligabendmorgen fährt der Geselle auch noch mit dem Hubwagen gegen die Markttanne! Das rieselt vielleicht!
Wieviel Nadeln hat der Baum?
Heil Hinkel
Momentaufnahme aus „Der Große Diktator“
Vom jac im Gewirr der WM-Logos gefunden: das offizielle Signet der bundesrepublikanischen Polizei zur Fußball-WM 2006. Offenbar durchaus ernst gemeint. So viel Ironie, die allseits bekannte und immer wieder gern zitierte Szene aus Charlie Chaplins „Der Große Diktator“ – in der Heinrich Hinkel die Weltkugel balanciert und sich dabei in Weltherrschaftsträumen verliert, bis das Ding mit lautem Knall zerplatzt – traut man hiesigen Behörden nicht zu.
Eigenheimbesitzer
Eigenheimbesitzer oder generell Leute, die in freistehenden Häusern wohnen, erkennt man daran, dass sie viel lauter und befreiter zu rülpsen vermögen als unsereins, der sich das Treppenhaus mit mehreren anderen Mietsparteien teilen muss.
Herr U.
Herr U. bei Ausgrabungen
Vielleicht hat sich manch einer schon gefragt: wer oder was ist Herr U. Wenn nicht: hier trotzdem die Information.
1.) Herr U. ist NICHT mit Frau U. in irgendeinen Zusammenhang zu bringen, ebensowenig mit Herrn A. Immer wieder gab es Leserbriefe und Mißverständnisse, die auf diesen Verwirrungen fußten.
2.) Wie im Bild zu sehen, hat Herr U. eine Vorliebe für alte Sachen. Am besten isses, wenn diese alten Artefakte selbst aufgefunden werden. Das kann eine alte Lampe aus ner seit 15 Jahren verlassenen LPG sein oder eine Flasche samt Flaschengeist aus dem 16. Jahrhundert – egal, man freut sich an der Authentizität des Gegenstands. Natürlich hat sich Herr U. bereits eine beträchtliche Sammlung alter Gegenstände angeschafft, die seine Wohnung zur musealen Begegnungsstätte machen. Jeder Löffel trägt altertümliche Inschriften, in jedes Stuhlbein hat sich Geschichte genagt.
Der Katze isses egal. Die sitzt unterm Stuhl und guckt die Wand an.
Anzeige zum Teil ordinären Inhalts
Ich möchte gern mit den Klamotten, Haaren oder der Zunge eines dieser Dreckschweine, deren Hunde ständig die Fußwege mit großen Haufen vollscheißen, meine Schuhe gereinigt haben (besonders die Sohlen). Abo angenehm.
Rasende Fußgänger abbremsen
Im Kurort wurde es scheinbar notwendig, Fußgänger, die der Raserei anheimgefallen sind, auf Schrittgeschwindigkeit (oder darunter) abzubremsen. Man installierte kurzerhand zwei Hecken auf dem neugebauten Fußweg, das Volk kann ja auf die Straße ausweichen. Herrn Willy dürften die Hecken nicht übel gefallen, erstens als Deckung, zweitens als rollkofferbrechendes Hindernis.
Rollkoffer sind nicht gut
Die Wichtigkeit nimmt zu!
Zur nationalen Unsitte ist der Rollkoffer geworden. Wer gelegentlich mit der Eisenbahn fährt, kommt buchstäblich nicht an diesem Phänomen vorbei. Bis dato eher eine akzeptable Domäne älterer Damen, hat sich der Rollkoffer nicht nur im Volumen bis in Space-Shuttle-Größe erweitert, sondern inzwischen jede Altersklasse unter sein Joch gezwungen. Die Wichtigkeit des Reisenden hängt von der Größe seines Rollkoffers ab. Wer dann noch effizient allen anderen Reisenden im Weg herumsteht oder in Zeitlupe, noch erweiterbar durch sinnlose Kurswechsel, den Handel und Wandel ganzer Großstadtbahnhöfe zum Erliegen bringt, dessen Wichtigkeit gilt als bewiesen. Unverzichtbar beim Führen eines möglichst tonnenschweren Rollkoffers ist der hochkonzentrierte und hochnäsige Gesichtsausdruck. Erzherzog Franz Ferdinand wurde damals schon für weniger erschossen.