Kategorie-Archiv: Lipsigorod is my town

Lipsigorod is my town

Das schlampige Sonett vom Ende

Sieht aus, als müsst ich enden heute.
Drum kommt in meine Arme, Leute,
und schaut, was in den letzten Jahren
die Lipsigrader Themen waren.

Ihr findet Perlen, groß wie Bälle,
Gedichte, einfach auf die Schnelle
oder als schlampige Sonette
gereiht auf eine lange Kette,

dazu die Bilder, digitalen,
geklaubt aus hohen Hochregalen
und mit Erläuterung versehen,

die Haiku, streng nach Silbenzahlen:
Erzeugt mit Spaß und ohne Qualen.
Lest laut und lacht. Ich muss jetzt gehen.

Wenn Immobilienentwickler plötzlich nicht mehr einschlafen können

Was könnten hier für Häuser protzen
in modisch grau, hellbronze, weiß!
Auch wenn ringsum die Bürger motzen:
Die Liegenschaft ist heißer Scheiß.

Ein Altstoffhandel, Schuppen, Rampen,
zehntausend Jahre lag sie brach.
Das werden wir nicht mehr verschlampen!
Ich komme nicht ins Bettchen, ach,

ich krieche nächtens durch die Quecken,
mit Maßband, Zettel, Rechner, Stift.
Diese famosen Großstadtecken
warn lang genug nun schon versifft.

Ein Strahlen bricht bald durch die Straßen:
Design und Stil, Hochwertigkeit.
Ich selbst verdiene nur in Maßen.
Und wenn: Es ist jetzt höchste Zeit.

Das dunkle Turmhaus

Dunkles Haus mit Faltungszonen
ließ den Klempner sich nicht schonen:
Biegen, Kanten, Schneiden, Falzen,
vom Gerüst nach unten balzen,

wo die Mädchen lässig wandeln;
noch einmal den Preis verhandeln?
Lustig ist es auf dem Bau.
Aber morgen mach ich blau.

Zur Feier des Tages

Ach mir ist so feierlich.
Alles leuchtet, alles gleißt.
Und vergiß die Eier nicht
mit dem Kaviar, du weißt?

Schinken, Käse, frisches Brot,
Knusperflocke, Gummitier,
niemand leidet heute Not,
spült er nach mit gutem Bier.

Blaue Stunde, blauer Sinn,
Glas um Glas befüllt uns stur.
Wann wir solln zum Bette hin,
zeigt uns spät die blaue Uhr.

Wankend geht es übern Platz,
wo dereinst ein Denkmal grüßt
protzend mich und dich, mein Schatz.
Kopfschmerz später. Jeder büßt.

Klarstellung

Wie überall im Land proben auch in der Metropole Lipsigrad die sogenannten „Radfahrer“ (verkappte Linksradikale) den Aufstand, begehren die Überlassung von Fahrstreifen auf den Schnellstraßen des historischen Zentrums, riskieren damit Chaos und abruptes Ende jeder Wirtschaftstätigkeit, indem sich die LKW-Karawane hinter dem Lastenrad des Hipsters drängelt und der Rentner nicht vor Ladenschluss zum Supermarkt gelangt. Sodom Ortsteil Gomorrha! Dabei existieren schon heute attraktive, gut ausgebaute Radverbindungen, die leider nur deshalb nicht angenommen werden, weil es hier keine motorisierten Verkehrsteilnehmer gibt, die vom Rüpelradler aggressiv angegangen werden könnten.

Volksparteien endlich volksnah

„Wer hier nicht klarkommt, muss auch nicht Fahrrad fahren“

Neuerdings betreiben Vertreter der Parteien, die mit C und A beginnen und noch lange nicht aufhören, aus Gründen, die ihnen von den motorisierten Volksmassen eingeschrieben sind, endlich das Ausmerzen des den zügigen Kraftverkehr störenden Radfahrwesens in der Metropole. Scheinbar paradox mutet es dabei an, dass sie zu diesem Zweck sogenannte Fahrradstraßen einzurichten begehren. Der Ortskundige hört natürlich erfreut die Nachtigall in die Pedale trapsen, handelt es sich doch bei den beabsichtigten Trassen um uralte, rumpelig gepflasterte Scheusale aus Rutschbasalt mit Zahnfleischschwund, die man selbst mit seinem Geländewagen (Pluginhybrid) äußerst ungern befährt. Sie führen als „schwieriges Geläuf“, zumal mit Zusatzausstattung „gleichrangige, zugeparkte Kreuzung“, gern in die Notaufnahme der Chirurgie; das Bestattungswesen wird leider aufgrund der gefahrenen Geschwindigkeiten beim „Übersehen“ der Rüpelradler eher weniger profitieren.

Im übrigen eine Technik, die der Waidmann als „Vergrämung“ praktiziert, und mitnichten ein Akt falsch verstandener Menschenfreundlichkeit, wie auf den ersten Blick zu befürchten stand.