Kategorie-Archiv: Von wegen Hinterwald!

Von wegen Hinterwald!

Das schlampige Sonett vom Ende

Sieht aus, als müsst ich enden heute.
Drum kommt in meine Arme, Leute,
und schaut, was in den letzten Jahren
die Lipsigrader Themen waren.

Ihr findet Perlen, groß wie Bälle,
Gedichte, einfach auf die Schnelle
oder als schlampige Sonette
gereiht auf eine lange Kette,

dazu die Bilder, digitalen,
geklaubt aus hohen Hochregalen
und mit Erläuterung versehen,

die Haiku, streng nach Silbenzahlen:
Erzeugt mit Spaß und ohne Qualen.
Lest laut und lacht. Ich muss jetzt gehen.

Die Schatzkammer des Todes

schatzkammer

Als schon wieder ein paar diamantbesetzte Serviettenringe aus den Schubladen der Küchenschränke verschwunden waren, zürnte der König mit der Dienerschaft, schwor islamische Rechtsprechung im Falle der Täterergreifung (alles abhacken) und ließ die Zugänge zur Schlossküche mit Sperrholz abdichten. Er erklärte die Küche selbst zur Schatzkammer, schloss von innen ab, legte sich auf die Lauer, schlief ein, wachte vom knurrenden Magen auf und rief nach den Köchen, die sich allerdings längst lachend über die Mätressen im Turm hergemacht hatten.

Weil der König aber ein ungeschickter Tropf war, der weder mit Streichhölzern ein Kerzchen anzünden noch auf dem Herd ein Süppchen kochen konnte, vom Schneiden des Brotes aus der Hand vor der Brust ganz zu schweige, brannte er aus Versehen die Wischtücher ab, ließ die vorbereitete Suppe im Dunkeln zu einem schwarzen Brei verkochen und schnitt statt einer Bemme drei Finger seiner Hand ab, obwohl er gar nichts gestohlen hatte (außer seit Jahrzehnten Zeit, Nerven und Vermögen all seiner Untanen, aber das zählt ja nicht).

Ob der König verblutete, verhungerte oder erstickte, ist nicht überliefert, jedoch rührt sein tragischer Tod immer noch die alten Weiber des Landes zu Tränen, und eine Menge schöner Lieder wurden zu Ehren August des Ungeschickten verfasst, gesungen und vergessen.

Die Sperrholzsicherung der Schlossküche wurde aus Denkmalschutzgründen nicht angerührt, nur ein paar Unbelehrbare schmierten im Laufe der Jahre ihre Sozialversicherungsnummer auf das ehrwürdige Türblatt.

Abgründe des Immobilienmarktes

neumarkt

Der Problembär hatte eine größere Menge Geldes zurücklegen können, indem er seinen Honig nicht mehr vom Bioimker abholte, sondern beim chinesischen Internethöker bestellte. Um die Millionen nicht sinnlos auf dem Konto vergammeln zu lassen, erwarb er unter Vermittlung eines Hinterwalder Kemenatenmaklers ein geräumiges Appartement für sich und seine Kühlschränke. Tagein, tagaus verbrachte er von nun an seine Zeit am Fenster, um den phantastischen Ausblick abzuwohnen, aber schon nach wenigen Wochen war er die Ansicht der umgebenden Gebäude leid. Sie erinnerten ihn doch ein wenig zu sehr an den Genossen G. A. Potjomkin und schienen einzig zu dem Zwecke aufgestellt, als Kulisse für abendlich röhrende Nachtwächter mit gackernden Touristenhorden im Schlepptau zu dienen, die ihm das Schlafen am offenen Fenster verunmöglichten. Der Problembär ließ abermals die Spedition kommen, zog in den Frauenruheraum seines Betriebes um und verkaufte das Appartement mit beträchtlichem Gewinn.

Das neue Früher-Heute-Gedicht

zwinger

Mahnend netzt barocken Stein
säuerlicher Tropfen.
Auf Terrassen weder Wein,
noch der brave Hopfen,

keine Hirsche und kein Huhn
auf umzäuntem Rasen.
Früher sah man Mägde tun,
die das Korn auflasen,

auf dem Kopf ein schöner Hut.
Heute nur Touristen,
die der Bürger fragen tut:
„Freindchen, wouher bisten?“

Schlammgast (Wortspiel)

schlammrad

Das diesjährige Wüten der Wetterunbilden ließ die Menschen beinahe das schöne deutsche Wort „Schlamm“ vergessen, bröselte und staubte doch die Landschaft unter sengendem Himmel einfach so dahin. Um so wichtiger, dass in relevanten Internetz-Informationsdiensten Erinnerungen an solche längst vergessenen Phänomene erfolgen.

Das Bild oben (Schlamm) wurde der kürzlich renovierten Enzyklopädie über Blasegast entnommen, deren Besuch nun auch mit Telefonen möglich ist und wärmstens anempfohlen wird.

Tristesse d’échappement

auspuff

Paarweise ziehen die Menschen durch die Gassen. Angstvoll fassen sie sich an den Händen. Die Sonne scheint, aber tut sie das wirklich? Vielleicht ist ja alles, alles nur ein Fake, das Wetter sowieso, wie die Häuser ringsum, die Türme und Gürchen? Man mag es kaum glauben, aber wahrscheinlich ist es ganz sicher so!

„Habsch dir dor gesacht, Else!“

 

Der Montag naht.

Vergeblich buhlt der Einfachauspuff um Aufmerksamkeit.

Immobilien 2

schillergarten

Zu den milde entsetzlichen Dingen im April zählte es, zwangsweise, in der Zapfhahnschlange, neben einem Tisch verweilen zu müssen, an dem sich Immobilienmakler betranken. Der sowieso erschütterte Glaube an die Menschheit hätte erheblichen Schaden nehmen können, wäre nicht die Besatzung der Bar flink und freundlich gewesen.

Am Montag

dresdnerbiere

Am Montag einfach mal zu Hause bleiben ist auch ganz schön. Man kann nette Menschen kennenlernen, die mit in der Wohnung wohnen, gepflegte Gespräche in angemessen geringer Lautstärke führen und das eine oder andere wertvolle Glas sorgsam zum Schnabel führen, ohne dass man es irgendwohin werfen müsste. Alles ist leidlich zivilisiert und angenehm, Qualitätsmusik orgelt vom Plattendreher, kaum lässt sich die Harmonie beschreiben, ohne in glückliche Tränen auszubrechen.

Man sollte dringend eine Kundgebung durchführen, um darauf hinzuweisen, dass es wenigen Menschen im Erdenrund vergönnt ist, einen so netten Abend zu verbringen.

Schöjnheid!

gefluegel

Ei, orr gugg, die schöjne Stadt!
Orr nee, eeh, die is so schöjn!
So ne schöjne Suborstadt
Had die Weld nor ni gesehn!
Voller Schöjnheid, Gunsd, Guldur!
Schöjnsde Stadt, nu, gloob mir nur!
Schöjn am Fluss, geschmiechd an Hügel.
Uff den Dächorn sidsd Geflügel.

Von der Sicherheit beim Schlagen der Glocken

glockenfang

Hört die Glocken schlagen: Peng!
Dingeling und Deng-Deng-Deng!
Putten halten Krönchen fest,
Dass es nicht den Turm verlässt.
Links der Herr dagegen böse:
Sinnlos, dieses Rumgetöse!
Wird nur einer unten wach
Von dem ursten Höllenkrach?
Nö. Man latscht bedämmert hin:
Glockenklang ganz ohne Sinn.
Wenn doch nur der Klöppel träfe
Einen Ochsen an der Schläfe!
Doch dagegen: Maschendraht.
Achtsam ist die Mutti Staat.

Der Praxiteles-Test

praxiteles

Noch so ein Name, denkt sich Paul Kasel aus Golzig (Name geändert), der inzwischen von der Polykleitos-Plakette zur Praxiteles-Plakette weitergerückt ist, und er kann nun doch nicht anders, das Rätsel bohrt in ihm, er macht den Praxiteles-Test, er befragt die Volontärinnen im Telefon, wer oder was der Knabe auf der Plakette (Praxiteles) war, auch ohne WLAN, das kostet!, und siehe da, interessant, er blickt sich triumphierend um, denn er weiß, er ist im Augenblick (und für mehrere Tage, Wochen, Monate?) der einzige, der nach oben gesehen hat, geschweige denn etwas über diesen Praxiteles sagen könnte.

Ob die Volontärinnen allerdings korrekte Informationen bereitstellten, bleibt zu prüfen und ist eigentlich zweitrangig.

Polykleitos (Nachruhm)

polykleitos

Was nützt der Nachruhm als Name an einem Gebäude, so schön es auch ist, denkt Paul Kasel aus Golzig (Name geändert), wenn doch keiner weiß, was da steht, also wer, und mancher denkt sich vielleicht, da sollte wohl Polyklinik stehen, ist nur falsch geschrieben, und die Wiki-Volontärinnen im Telefon befragt man doch nur, wenn WLAN ist, und auch dann nicht, denn es müssen so viele Videos angesehen werden, und dann ist das WLAN aus oder gesperrt oder die Kraftwerke für das Internet sagen, für so einen Scheiß braucht doch kein Mensch dieses Internet, und man weiß nicht, ob die Kraftwerke die Videos oder Polykleitos meinen.

Wenn er derart unausgereifte und schwammige Gedanken in Paul Kasel aus Golzig (Name geändert) hervorruft, kann man auf den Nachruhm getrost verzichten.

Temporäre vertikale Ärgernisse

krane

Als ich beim Sortieren der Fotos Frau Mond befragte, warum ich das obenstehende Lichtbild als „Bildnis der Zorn hervorrufenden temporären vertikalen Ärgernisse“ beschriftete, denn eigentlich hätte ich ja gar nichts gegen Krane (Kräne), es sei denn, sie bauen irgendwelchen Mist zusammen, sagte sie, na siehste, und ich sagte, aha, soso, und sie sagte, mir haben sie eben nicht laut genug mit Trillerpfeifen ins Ohr geblasen, da würde ich den Mist schön finden, den die Kräne zusammenbauen, und alles andere ein Ärgernis.