Obwohl Karl Gong, dem Dialektiker, nichts ferner lag als Schwarzweißdenken, fragte er sich manchmal, wenn die Sonne auf besonders unverschämte Weise in die Kemenaten bretterte, so dass sie sägende Schatten auf den Fußboden warf, ob er sich nicht auch gelegentlich klarer positionieren sollte, schärfer sein in seinen Urteilen, unversöhnlicher den Feinden und enthusiastischer den Freunden gegenüber, nicht so lau und zögerlich und aufs Gramm abwiegend und vorsichtig mit Zwischentönen hantierend, sondern im harten Licht der eingebildeten Wahrheit das Dunkle, das Böse benennen und geißeln usw. usf. –lange und unangestrengt guckte er in solchen Momenten auf seine Füße, dachte nochmals erschöpfend nach und entschied endlich: Nö.
Archiv für den Monat: Januar 2019
Wie das eben so geht
Pitti baut ein Haus.
Großblock muss es sein.
Es fehlt ihm die Zeit
für den Einzelstein.
Steht es nicht famos
mittendrin im Park?
Klappt mit Mörtel nicht
(angerührt aus Quark,
Kuhmist, Kalk und Stroh)!
Heute wird gesteckt!
Und ist es dann alt
oder leicht verdreckt,
wird’s mit Rotweißband
säuberlich verhängt
und mit TNT
in die Luft gesprengt.
Effiziente Motorisierung
Als Karl Gong, der bekannte Weltreisende, in einer der beliebtesten Städte der Welt weilte, öffnete sich für ihn in einem der beschaulichen und beliebten Siedlungsgebiete dieser Stadt ein Zeitstrahl in seine ostzonale Vergangenheit, der von einem Bus mit angehängtem Anhänger (was für ein grauenhafter Ausdruck, aber es lässt sich nicht anders beschreiben) befahren wurde. Denn angehängte Busanhänger hat er nicht mehr gesehen, seit er in den Siebzigern in solchen über baumbestandene Landstraßen geschleudert wurde, gemeinsam mit dichtgedrängt vor sich hin dampfenden Werktätigen aus der Glasseide, der Schuhfabrik, dem Elektrobau, der Abteilung Volksbildung beim Rat des Kreises, der Zuckerbude, dem Landbaukombinat und so weiter. Diese Reisen erschienen irgendwann sogar den Verantwortlichen als so gefährlich und verantwortungslos, dass die Busse samt Anhängern irgendwann spurlos verschwanden und durch Ziehharmonikakästen aus ungarischer Produktion sowie zaghafte Individualmotorisierung ersetzt wurden. In der beliebten, übervölkerten Stadt jedoch karriolten sie wie selbstverständlich herum, zwar eckig anstatt harmonisch abgerundet, aber doch selbstbewusst und fast so lang wie einige der Straßen im betreffenden Siedlungsgebiet.
Nächtliche Entwarnung
Worauf man wirklich bauen kann!
Das kulinarische Haiku zum Sonnabend
Aus der Nachbarschaft
Karl Gong, der bekannte Höragnostiker, wanderte im Treppenhaus auf und nieder (weiter südwestlich: Stiegenhaus), um der Quelle eines Geräusches nachzuspüren, das in rhythmischen Schüben die Lautäußerungen seines Neue-Musik-Plattendrehers (er besitzt für jede von ihm geschätzte Musikrichtung einen eigenen Dreher) übertönte, überdröhnte, unmäßig, aber nicht reizlos, und ganz tief im Unterbewussten hoffte er, dass es sich um etwas Schweinisch-Anregendes handeln könnte, das da rumpelte und malmte und zischte und radängderte. Als er schließlich im Hochparterre durch den Türspalt der Wohnung einer vor kurzem eingezogenen Dame ein schrilles rotes Licht schimmern sah, kannte seine Erregung keine Grenzen mehr, er wagte das Äußerste und klingelte zitternd. Die Dame öffnete, sie war behangen mit glänzend schwarzem Leder und trug Schweißperlen auf den unbedeckten Körperflächen, Gong grunzte, erblickte im Hintergrund die Quelle des Lärms, schrie panisch auf und wandte sich schaudernd dem Treppenhaus (Stiegenhaus) zu, hechtete die Absätze zu seiner Behausung hinauf und drehte weinend den Dreher lauter.
Die bedarfsgerechte Optimierung der Landschaft schreitet voran
Teegedicht ohne wirkliches Ende
Noch einen Tee zum Ende
an diesem Arbeitstag.
Es meldet sich die Lende,
die nicht mehr hocken mag.
Noch eine Stunde Schreibens,
dann geht es frisch hinaus.
Genug des Ämtertreibens,
raus aus dem Irrenhaus!
Gong schwebt durch nasse Lüfte,
durch dunkles, fieses Grau.
Er riecht schon Frühlingsdüfte,
von weitem seine Frau.
Da ist sie schon, die Gute,
in ihrem Wickelrock!
Doch sie zieht eine Schnute,
und hat noch keinen Bock.
„Lass uns zur Schenke schleichen,
und wenn dein Zaster reicht,
könntest du mich erweichen,
mein lieber Karl, vielleicht.“
Champagner lässt sie schmusen
verliebt im Separee.
Gong trinkt an ihrem Busen
aus Kostengründen Tee.
Wie man aus einem Wort im morgendlichen Berufsverkehr zwei Sätze machen kann (ohne Prädikat):
Voll. Idioten.
Ein Beitrag der Lipsigrad-Jugendredaktion (Prädikat besonders faul)
Zerstreute Poesie
Too much
Das touristische Haiku zum Samstag
50 Jahre Tradition
Stand ich neulich abends vor der Kellertür vom Nachbarn
Aus dem Installateursleben
Wellness
Karl Gong wollte Wellness machen,
fröhlich in der Wanne liegen,
nackich, also ohne Sachen,
und davon Gesundheit kriegen.
Aber es ist nicht gelungen,
diesen Plan auch auszuführen,
jede sprach in fremden Zungen.
Ihm blieb nur, davon zu schnüren,
wie der Fuchs vorm Maschenzaun.
Drinnen gurrten all die Fraun.