Archiv für den Monat: November 2018

Belohnung

champagner

Als der Hofarbeiter im Adolf-Nitzsche-Getränkekonzern vom Statistischen Bundesamt darüber informiert wurde, dass er zur oberen Mittelschicht gezählt werde, setzte er sich erst einmal mit einem Glas Schampus aufs Kanapee, bevor er nach draußen gehen und aus dem Hubwagen des Chefs die Luft rauslassen würde.

Landadel-Stoßseufzer

schlitten
Schlitten (Beispielfoto)

Wenn die ersten Flocken
stieben durch den Garten:
In den Schlitten hocken!
Auf die Gäule warten.

Doch die Gäule huppen
solo durch die Hecken.
Also nichts mit Puppen
unter warmen Decken,

schlürfend Rum mit Tee,
rasend übern Schnee.

Das ist schlecht.
Pferdeknecht!

Die Jünger

„Sagt, wer hat das Licht gesehen?“

„Ich! Ich! Ich!“

„Wen saht ihr im Lichte stehen?“

„Dich! Dich! Dich!“

„Wen soll ich mit Glanz versehen?“

„Mich! Mich! Mich!“

„Worum soll sich alles drehen?“

„Dich! Dich! Dich!“

„Fein. Dann folgt mir, wo ich geh.“

„Nee.“

Vom Erhalten

hopfenundmalz

Ach, das Malz, und ach, der Hopfen!
Blumen in die Gläser stopfen!
An die Chefin ran sich wanzen!
Haltlos auf den Tischen tanzen!

Derart darf der Abend kommen
für die Heiden und die Frommen.
Allen Frohen ein Glückauf!
Allen Schnaufenden ein Schnauf.

Die Schönheit des Ackers

acker

„Man muss sich nur ins tiefere Wesen der Landschaft einfühlen“, sprach Karl Gong gepflegt zu seiner damaligen Freundin, steckte die Zeltstangen zusammen und schickte sich an, ihr die Leinwand zuzuwerfen, damit sie sie über das klapprige Gerüst ziehen könnte, in welchem er unbequem kniend die Erwartung hegte, dass sich durch den Stoffbezug das fragile Gebilde von selbst stabilisieren würde. „Die  Schönheit des Ackers nämlich ist unübertroffen, denn sie nährt uns auch konkret.“

Die Freundin indes wurde zu seiner damaligen, indem sie sich wortlos umwandte, den Arm hob und dank der sehr engen Radlerhose in das erstbeste Premium-Automobil eingeladen wurde, das sich näherte.

„Das wirst du büßen!“ schleuderte Gong dem in Staubwolken sich entfernenden Fahrzeug hinterher, doch er wusste weder, wer von beiden, noch wie; und warum er selbst wofür büßen musste, ging ihm noch weniger auf, da er es nicht vermochte, im Gebet um diese Erkenntnis anzufragen.

Wandernder Mann mit provozierendem T-Shirt-Aufdruck

Wanderer

Irgendwann im Mai, die Kamera war nicht dabei, liefen wir durch einen inländischen Wald, und wie wir es aus bestimmten Teilen des Auslandes gewöhnt waren, grüßten wir die seltenen Mitwanderer mit einem Nicken, „Hallouh“ oder „Ahoi“, und das Wandervolk grüßte retour. Nur einer nicht, aber das war auch nicht schade, denn als er uns, Blick starr nach vorn gerichtet, passierte, konnten wir seinen provozierenden T-Shirt-Aufdruck lesen, der uns unangenehm berührte, in etwa so, als hätte der Wanderer die Hose runtergelassen bzw. gar nicht angezogen. Der Aufdruck wird natürlich hier nicht wiedergegeben, aus Harmoniegründen, aber für einen gültigen Gesamteindruck verpflichteten wir Herrn Maler Gofthe, der uns wie immer schnell etwas dem Beschriebenen ähnliches hinschmierte.

Praxistipp Schieferturmfotografie

schieferturm

Ein schiefer Turm verliert leider an Wirkung, wenn man ihn aus niederen Perspektiven (Frosch, Hamster, Fotoamateur) abzulichten versucht — die aufregende Schiefigkeit verschwindet in der allgemeinen Schiefigkeit der Gesamtschau (sog. „Perspektive“). Es ist darum angezeigt, sich in etwa auf Giebelhöhe zu begeben — und zu diesem Zweck stets eine ausreichend hohe Stehleiter mit sich zu führen, einen Steiger zu beauftragen oder vorbeireisende Zirkusartisten zu befragen (denen vielleicht eine Lösung für den Höhengewinn einfällt).

Ein Schieferturm dagegen kann ohne jede Vorbereitung und ohne Bedenken fotografiert werden. Kein Mensch wird sich für dieses Motiv interessieren.

Schnorchelnde Amazonen!

schnorchel

Karl Gong, Theatermaler an der Bühne des Lebens, erwachte vom leichten Schlag auf den Hinterkopf, den ihm seine Holde verpasst hatte. So schön hatte er geträumt, von schnorchelnden Amazonen! Nun aber war die Nase auf den Tresen geprallt, zwar ganz leicht nur, aber trotzdem, das gehört sich nicht, Frau, er sah wilde Tapetenmuster vor sich, Ton in Ton, aber durchaus schrecklich.

„Deine Frau bin ich erst, wenn du mich geheiratet hast, HERR Gong!“

„Ja-ja.“

Schnaubend drehte er den Hals, rieb sich den Nacken, erkannte die Lampenschirme in seinem Rücken als hart erkämpfte Ausstattung seiner ehemaligen Dienststelle wieder, schmeckte beinahe das eloxierte Aluminium, roch die staubige NARVA-Birne, die in ihren letzten Zügen vor sich hin dampfte, fixierte das seltsame Aquarium an der Wand, konnte keinen Sinn darin erkennen und folgte der Holden auf dem Weg nach Hause.

Nachts versuchte er, von schnorchelnden Amazonen zu träumen, aber immer wieder kam ihm die Dienststelle dazwischen, mit einem nörgelnden Oberleutnant Bock und einer Parteisekretärin Radszciuleit, die es aber beide nie gegeben hatte.