Archiv für den Tag: 22. März 2015

Abgefahren

Als Herr Dr. Schönahmdnoch (Name geändert) zu fortgeschrittener Stunde die Hotelbar in Richtung Fahrstuhl verließ und durch das bodenhohe Fenster auf die Straße sah, glaubte er im Glanz des entspannt fallenden Nieselregens über die schmale Gasse hinweg ein besonders abgefahrenes Lokal zu erblicken, mit Designerstühlen in kühlem Lichte und Chromapplikationen.

Nun, das ist kein Lokal, sondern eine Straßenbahn, klärte ihn seine Gefährtin auf, eine nicht abgefahrene Straßenbahn. Deshalb steht die auch dort.

Wie immer war Herr Dr. Schönahmdnoch dankbar für jede konstruktive Information, sonst wäre er ja kein Doktor geworden, und er betrat den Fahrstuhl.

Wurstmangel zu Jugendzeiten

Schießhaus

Wenn ich in meiner Jugend nach Hause kam, zum Beispiel von den Übungen der Gesellschaft für Sport und Technik (GST), begab ich mich schnurstracks in der Abendsonne staubaufwirbelnd zu meinem Schießhaus, denn im rechten Stiefel hatte ich eine Knarre (bei der GST „ausgeborgt“), im linken einen Hirschfänger (bei der GST „ausgeborgt“). Ich wollte Hirsche fangen! Wegen Wurst!

Es gab ja kaum Wurst, nur, wenn man sich ewig beim Fleischer anstellte. Unter gewissen Umständen (nach sechs) nicht mal dann.

Leider ließen die Hirsche arg auf sich warten, sind vorher schon von der sowjetischen Generalität erlegt worden (bessere Knarren) bzw. waren längst in den Westen abgehauen. Ich schlief im Schießhaus ein, träumte was schönes und ging nach Hause. Die unnütze Knarre und den Hirschfänger brachte ich stets zur GST zurück. An mir sollte es nicht liegen, wenn der Sozialismus dereinst zusammenbrechen würde.