Archiv für den Monat: Mai 2021

Fernsehkoffer

Pack den Fernsehkoffer ein,
heute wolln wir fröhlich sein!
Tennisplätze, Wälder, Auen,
wo wir trinken und verdauen,

überall und auch zu Haus:
Hol den Fernsehkoffer raus!
Schalt schnell ein, es tut mich jucken,
auf den kleinen Schirm zu gucken,

Fußball, Merkel, Telegramm —
lieg ich dabei auch im Schlamm:
Fernsehkoffer sind das Leben,
und es wird sie immer geben!

Neu bei Nitzsche

Nach jahrelanger Missachtung der Erfordernisse Unseres Imbissangebotes (Bockwurst mit und ohne Brötchen; Fischbüchse, auch geöffnet) durch das Personal (Hinräumen, Spülen, Wegräumen) konnte durch A. Nitzsche, Getränkehändler in Machern (man muss nur machern), ein Paradigmenwechsel registriert werden insofern, als nach spontanem Vortrag des Kunden N. (Unternehmensberater und Risikoinvestor) angesichts der Leistungen des anwesenden Problembären (Hofarbeiter) sich bei demselben überraschenderweise die wiederholt vorgebrachte, abgestandene und verlogene Floskel „vom Tellerwäscher zum Millionär“ im brüchigen Pelz verfing. Seitdem liegt erfreulicherweise die Betriebsratsarbeit brach, und die Geruchsbelästigung in der Nähe des Spülbeckens hat ein Ende gefunden, was der Unterzeichnende für eine positive Entwicklung zu halten gewillt ist. Jedoch Wachsamkeit ist weiterhin geboten! Ende der Durchsage. Nitzsche, Chef.

Vom Ende einer Schaffenskrise

Als der unsterbliche Maler Gofthe nach einer längeren Schaffenskrise, während derer er rein gar nichts zustande gebracht hatte, doch wieder unerwartete Lust verspürte, „mal irgendwas hinzukritzeln“, stellte er fest, dass die Ölfarbe eingetrocknet, das Malmittelöl ranzig, die Palette verfeuert und dem Pinsel das Haar ausgegangen war. Diese für ihn völlig neue Erfahrung wollte er sofort in einem Bildwerke beglückt verarbeiten, scheiterte aber wegen oben. Der Kunstkrempelhöker war schon zu, das Internet noch nicht erfunden, aber was bitte ist ein Abend ohne fluchende Ölschmadderei im Angesicht der Unsterblichkeit? Ein Fliegendreck. Also griff er frohgemut zu Bleistift und Schmierpapier und fertigte das folgende:

Veränderung — Würze des Lebens

„Nun“, dachte der kleine Herr Schönleben nach einem Blick auf die Uhr und einem zweiten aus dem Fenster, wo sich die glockenhellen Stimmchen der Sperlingsschwärme mit dem Knallen der Knospen zu einer Sinfonie des Irrsinns vermischten, „es ist dann wohl an der Zeit.“

Schweren Schrittes schlurfte er zum Kleiderschrank, sortierte den vom Getränkehändler A. Nitzsche „ausgeborgten“ Mantel zwischen die Saisonware, zog das Tweetjacket für die Übergangszeit heraus und war eigentlich gar nicht böse darüber, der kuschlichen Kapuze entkommen zu sein, die sein Gehirn schon mehrmals, der Wärmeentwicklung wegen, hatte „aussteigen“ lassen. Bei den Videokonferenzen mit dem Artdirector würden von nun an die demütigenden Verweise auf die seltsame Bekleidung Schönlebens entfallen; einzig und allein seine mangelhaften Arbeitsergebnisse (in Qualität, Quantität und Termintreue) würden Anlass zu unerfreulichen Konfrontationen bieten. Aber auch das würde vorbeigehen, in stoischer Gleichgültigkeit war Schönleben geübt, und im Kühlschrank wartete ein Geschenk des lieben Getränkehändlers (überreicht, um an die offenen Rechnungen zu erinnern), das die Sorgen um das Scheitern an der Fertigung der neuen Internetpräsenz der Gurkenfabrik Schmollschnopfen im Nu wegspülen würde.

„Wozu braucht eine Gurkenfabrik eine Internetpräsenz, und wozu brauchen Gurken eine Fabrik?“ fragte sich der kleine Herr Schönleben kopfschüttelnd, bis die Nähte sich lockerten. „Wachsen die nicht in Vietnam?“